Wien - Die OMV will ihr Raffinerie-Geschäft verkleinern und deshalb ihren 45-Prozent-Anteil am Raffinerieverbund Bayernoil verkaufen. Mit der Planung und Umsetzung des Verkaufs habe man nun die Deutsche Bank beauftragt, teilte die OMV am Freitag mit. Die jährliche Raffineriekapazität der OMV würde dadurch um 4,6 auf 17,7 Mio. Tonnen sinken.

Künftig will sich die OMV - wie bereits bei der Vorstellung der neuen OMV-Strategie im vergangenen Herbst angekündigt - vor allem auf die einträglichere Öl- und Gasförderung konzentrieren. Deshalb hat die türkische Tochter OMV Petrol Ofisi Ende November bereits ihren 52-Prozent-Anteil am zypriotischen Tankstellenunternehmen Kibris Türk Petrolleri Limited Sirketi verkauft. Am 6. Dezember 2011 kündigte die OMV zudem den geplanten Verkauf ihrer Tochterfirmen in Kroatien und Bosnien an.

Die OMV betreibt vier Raffinerien: Schwechat bei Wien und Burghausen in Süddeutschland verfügen über eine integrierte Petrochemie-Produktion. Gemeinsam mit der Raffinerie Petrobrazi (Rumänien), die vollständig auf die Verarbeitung von rumänischem Rohöl ausgerichtet ist, und dem 45-Prozent-Anteil an Bayernoil beträgt die gesamte Raffineriekapazität derzeit rund 22,3 Mio. Tonnen pro Jahr bzw. rund 450.000 Barrel pro Tag. 

Bayerngas will in Nabucco

Beim Pipeline-Projekt Nabucco könnte die OMV indes einen neuen Partner bekommen. Die deutsche Bayerngas verhandelt mit den Nabucco-Partnern über einen Einstieg, wobei es zunächst um eine "investive Beteiligung geht", wie Marc Hall, Chef von Bayerngas und früherer OMV-Gasvorstand, am Freitag sagte. Ende September 2011 wurde Bayerngas offiziell als Interessent für den Einstieg beim Nabucco-Projekt vorgestellt. Dafür gibt es auch politische Unterstützung aus Österreich und Bayern.

Über die Gespräche wollte Hall keine Angaben machen, da Vertraulichkeit vereinbart wurde. Wie angekündigt soll noch heuer über den Einstieg der Bayerngas bei Nabucco entschieden werden. Angestrebt wäre eine Beteiligung am Nabucco-Konsortium mit Sitz in Wien. "Nabucco kommt, wann fragen Sie mich nicht", gibt sich Hall optimistisch.

Unabhängig von russischem Gas sein

Dass die Nabucco "keine zentrale Bedeutung" in der Gasstrategie habe, wie OMV-Chef Gerhard Roiss - seit Jahresanfang auch interimistischer Gaschef - im Dezember betonte, überrascht Hall nicht. Der Pipeline-Bau sei nie ein Kerngeschäft der OMV gewesen.

Das Interesse an der Nabucco begründete der Ex-OMV-Vorstand vor allem mit der Diversifizierung der Gasquellen für Europa, das immer mehr von russischem Gas abhängig werde. Es gehe darum, das Ausmaß der Abhängigkeit zu reduzieren. Das Nabucco-Projekt sei das beste Projekt, um Europa den Zugang zu den zweitgrößten Gasquellen der Welt im kaspischen Raum zu verschaffen.

Hall sieht sich allerdings bei einem möglichen Gasbezug in einer gewissen Zwickmühle: Einerseits will man als Eigentümer einer Pipeline einen profitablen Gastransport organisieren, andererseits will man als "Shipper", dass das eigene georderte Gas billig transportiert wird.

Atomausstieg könnte Gas zum primären Stromlieferanten machen

Auch wenn die Nabucco im niederösterreichischen Gashub Baumgarten enden werde, könnte Bayerngas über bereits bestehende Gasleitungen auch Gas ins eigene Bundesland bringen. Die Gasleitungen nach Westen würden derzeit ausgebaut. In Bayern werden derzeit 60 Prozent des Strombedarfs aus Atomenergie gedeckt, 2022 will Deutschland aber ganz aus der Atomenergie aussteigen. Zwar werde gewünscht, dass diese Strombedarfslücke durch erneuerbare Energie gedeckt werde, er geht aber davon aus, dass der Gasanteil bei der Stromproduktion von derzeit 10 auf 50 Prozent steigen werde.

Die geplante Gas-Pipeline Nabucco mit einer Länge von 3.900 Kilometern und einer jährlichen Transportkapazität von rund 31 Mrd. Kubikmetern soll ab 2013 gebaut werden. Mit ersten Gaslieferungen rechnet das Nabucco-Konsortium - an dem die OMV, die deutsche RWE, die ungarische MOL, die türkische Botas, die Bulgarian Energy Holding sowie die rumänische Transgaz gleichermaßen beteiligt sind - ab 2017. Offiziell werden die Investitionskosten vom Konsortium mit acht Mrd. Euro beziffert, Schätzungen gehen aber bis zu knapp 15 Mrd. Euro. (APA)