
Als Zucker dem Honig Konkurrenz machte: Um 1610 schuf Osias Beert dieses mit kandierten Früchten, Marzipan und anderen Verführungen gespickte Stillleben. Um die 1,5 bis 2 Millionen Dollar müssten Naschkatzen bereithalten, um ihrer Leidenschaft künftig kalorienschonend zu frönen.
Viele der im 17. Jahrhundert tätigen Maler waren tatsächlich "nur" Teilzeitkünstler und verdienten den überwiegenden Teil ihres Lebensunterhaltes in anderen Berufen. Manche, wie Rembrandt oder Vermeer, waren Kunsthändler, andere taten Dienst in öffentlichen Ämtern oder spekulierten an der Börse. Osias Beert (1580-1623) war Korkhändler und malte sich mit seinen autonomen Stillleben insofern nebenberuflich in die Chronik der Kunstgeschichte.
92 Werke schreibt ihm die aktuelle Kunstforschung zu, wobei nur zwölf signiert oder monogrammiert sind. Datumsangaben finden sich hingegen auf keinem einzigen Gemälde, wodurch eine zeitliche Einordnung rückwirkend nur über die Datierung des Bildträgers, konkret der Kupferplatten möglich ist. Um 1610 datieren Sotheby's-Experten etwa ein prachtvolles Dessert-Stillleben, das demnächst in New York (26. 1.) für 1,5 bis zwei Millionen Dollar den Besitzer wechseln soll. Das 50 mal knapp 68 cm große Bankettbild dürfte nicht nur versierte Sammler, sondern auch Naschkatzen begeistern: Zwischen mit Rotwein und Frizzante gefüllten Gläsern arrangierte Beert Konfekt, Marzipan, kandierte Früchte, Zuckergebäck und Pasteten. Damit gilt dieses Werk auch als historisches Dokument, da Honig über den Import von Zucker erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts in den Niederlanden abgelöst worden war.
In das klassische Beuteschema des spezialisierten Kunsthandels, der im Zuge der am 25. und 26. Jänner in New York anberaumten Altmeisterauktionen sein Warenlager im Hinblick auf die Tefaf in Maastricht (18-25. 3) aufstockt, fällt tendenziell anderes: bei Sotheby's etwa noch eine prachtvolle Venedig-Vedute von Canaletto (5-7 Mio. Dollar) oder die um 1510 von Lucas Cranach gemalte barbusige Lucretia, für die der aktuelle Einbringer Sotheby's 1988 vergleichsweise günstige 352.000 Dollar bewilligt hatte und nun, mehr als zwei Jahrzehnte später, auf marktkonforme vier bis sechs Millionen hoffen darf.
Solche Gewinnspannen sind jedoch eher die Ausnahme als die Norm, je weniger Zeit seit dem letzten Besitzerwechsel vergangen ist, desto kleiner die Margen, wie ein anderes Beispiel bei Christie's zeigt. 2007 fiel hier für vier Tondi aus der Sinnspruch-Serie von Pieter Brueghel II der Hammer bei 2,33 Millionen Dollar, aktuell beläuft sich die Taxe auf 1,8 bis 2,2 Millionen. Zu den vielbeachteten Highlights der in zwei Sitzungen verteilten Christie's-Offerte, für die ebenso wie von Sotheby's ein Einspielergebnis von rund 60 Millionen Dollar erwartet wird, gehört aber fraglos ein Rundbild von Hans Memling: Das auf Goldgrund gemalte Bildnis der Jungfrau Maria mit dem Christuskind (6-8 Mio.) entstand um 1480/90 und ist eines der wenigen überhaupt noch in Privatbesitz befindlichen Werke des Renaissancekünstlers.
Das Gros seines Oeuvres hüten europäische Institutionen, darunter der Louvre (Paris), der Prado (Madrid) oder auch das Kunsthistorische Museum (Johannesaltärchen, 1485/90). (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.1.2012)