ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hält weiter an seiner Entscheidung fest, Niko Pelinka zu seinem Büroleiter zu bestellen. Diesen Eindruck vermittelte er laut Redakteurssprecher Dieter Bornemann bei der rund eineinhalbstündigen Diskussion mit den Redakteuren von "Zeit im Bild", den Diskussionssendungen, Wetter und "Heute in Österreich" am Freitag. Den Redakteuren habe er laut Bornemann signalisiert, dass er "keinen Ausweg aus der Situation" sehe, weshalb sich diese nun in einem offenen Brief an Pelinka selbst wenden und ihn auffordern, "im Interesse des ORF Ihre Bewerbung zurückzuziehen".

Sie argumentieren damit, dass mehr als drei Viertel aller Programmmitarbeiter des ORF gegen Pelinkas Bestellung protestieren. Dass Pelinka die Sorge der ORF-Mitarbeiter verstehe, wie er selbst erklärt hatte, bezweifeln diese. "Unsere Hauptsorge gilt nämlich der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit des ORF, die für ein öffentlich-rechtliches Unternehmen essenziell sind. Diese werden durch Ihre nahtlose Übersiedelung von der Spitze der SPÖ-Fraktion im ORF-Stiftungsrat in die Generaldirektion schwerst beschädigt - und zwar völlig unabhängig von Ihren allfälligen Handlungen als Büroleiter", heißt es in dem Schreiben.

"Wir fordern Sie auf - im Interesse des ORF - Ihre Bewerbung zurückzuziehen"

Die Nachrichtenredakteure stoßen sich außerdem an Pelinkas Aussage, er sei "nie für eine Partei tätig" gewesen - "trotz des Fraktionsvorsitzes im Stiftungsrat, Ihrer Arbeit für einen Abgeordneten und eine Ministerin sowie der mehrfachen Kandidatur auf Wahllisten der SPÖ. Das zeigt uns, dass Sie und wir offenkundig ein grundsätzlich anderes Verständnis von politischer Unabhängigkeit haben." Auch die Tatsache, dass Pelinka einen Wechsel in den ORF wiederholt öffentlich dementiert hat, lässt die Redakteure "an der Verlässlichkeit Ihrer Ankündigungen sehr stark zweifeln".

Daher bitten die Redakteure: "Wenn es Ihnen tatsächlich um den ORF und um seine Glaubwürdigkeit geht - dann stehen Sie zu ihrem Wort. Wir fordern Sie auf - im Interesse des ORF - Ihre Bewerbung zurückzuziehen." Dem Generaldirektor selbst sollen die Redakteure ihre Loyalität erklärt haben, auch wenn sie bei den jüngsten Personalentscheidungen konträrer Meinung seien und diese auch weiter bekämpfen wollen. Pelinka spielt den Ball zu Wrabetz zurück, Pelinka meinte: "Ich habe mich für diese Position beworben, weil mich der Generaldirektor dazu aufgefordert hat." Er habe Wrabetz bereits angeboten, seine Bewerbung zurückzuziehen, dieser habe das allerdings abgelehnt, mehr dazu hier.

Weitere Proteste sind sicher. Als eher unwahrscheinlich gilt hingegen, dass die Hearings mit den Bewerbern für den ausgeschriebenen Büroleiterjob schon kommende Woche stattfinden können. (APA/prie)