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"Insgesamt gibt es brauchbare Daten, dass zu heiße Speisen oder Getränke mit einem erhöhten Risiko, einen Speiseröhrenkrebs zu entwickeln, einhergehen können. Allerdings scheint die Temperatur in Europa eine untergeordnete Rolle zu spielen", weiß der Gastroenterologe Michael Häfner.

Foto: APA/Stephanie Pilick

"Das Thema des Effektes von zu heißer Nahrung - sei sie fest oder flüssig - wird teilweise sehr kontroversiell diskutiert", sagt Michael Häfner, Gastroenterologe und Vorstand der Internen Abteilung am Krankenhaus St. Elisabeth in Wien. "Doch bevor man sich die Frage stellt, ob die Temperatur von Speisen oder Getränken einen Einfluss auf unsere Gesundheit hat, muss man zuerst die Frage nach möglicherweise betroffenen Organen stellen", meint Häfner und verweist vor allem auf Mundhöhle, Speiseröhre (Ösophagus) und Magen.

Lokale Risikofaktoren

Die Häufigkeit von Karzinomen in diesen Bereichen ist weltweit unterschiedlich und hängt mit den verschiedenen lokalen Risikofaktoren zusammen. So ist in Südamerika das Trinken von heißem Mate-Aufguss weit verbreitet und ein anerkannter Risikofaktor für die Entstehung des Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus.

"Sowohl der Genuss des Mate selbst als auch die Tatsache, dass er meist sehr heiß genossen wird, können unabhängig voneinander zur Entstehung dieser speziellen Form des Speiseröhrenkrebses beitragen", sagt Häfner. "Aber auch in China gibt es Regionen, wo das Plattenepithelkarzinom gehäuft auftritt." Auch hier kann die Kombination mehrerer Faktoren zur Entstehung von Krebs führen: der Genuss von stark gesalzenem geräuchertem Fleisch und der niedrige Konsum von frischem Obst und Gemüse in Kombination mit sehr heiß genossenen Getränken wie zum Beispiel Tee.

Stark gesalzene Speisen und rotes Fleisch

In Europa scheint die Situation eine etwas andere zu sein: "Das Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre und der Magenkrebs sind deutlich seltener als in anderen Teilen der Welt und auch die ernährungsbedingten Risikofaktoren andere", verweist der Experte auf eine europaweite Studie, die den Konsum von frischem Obst und Gemüse, Olivenöl und Tee mit einem niedrigeren Risiko für ein Karzinom des oberen Verdauungstraktes in Verbindung bringt. Die Temperatur von Speisen und Getränken hatte in dieser Studie allerdings keinen Einfluss auf die Gefahr zu erkranken.

Als wesentliche Verursacher für Speiseröhren- und Magenkarzinom nennt Michael Häfner den Genuss stark gesalzener Speisen, speziell von rotem Fleisch, sowie von Alkohol und Nikotin. Auch die Infektion mit Helicobacter pylori kann zu einem Magenkarzinom führen. "Insgesamt wird der Magenkrebs in Europa aber immer seltener, was auch mit dem zunehmenden Verschwinden von Helicobacter zusammenhängt", so der Gastroenterologe.

Temperatur spielt in Europa eine untergeordnete Rolle

Es sind also immer mehrere Faktoren, die zu einem Anstieg des Risikos für das Speiseröhren- oder Magenkarzinom führen. Als einen davon nennt Häfner die Temperatur: "Insgesamt gibt es schon brauchbare Daten, dass zu heiße Speisen oder Getränke mit einem erhöhten Risiko, einen Speiseröhrenkrebs zu entwickeln, einhergehen können. Allerdings scheint die Temperatur in Europa eine untergeordnete Rolle zu spielen."

Wenn man nun kühler essen würde, müsste man sich dann vor gefährlichen Bakterien in den Speisen fürchten? "Bezüglich etwaiger Bakterien spielt die Temperatur keine Rolle, die Magensäure beugt als die wesentliche Barriere Infektionen vor", beruhigt Michael Häfner. (Eva Tinsobin, derStandard.at)