Bilder aus der zögerlichen Kulturhauptstadtwerdung Maribors: Die Metropole an der Drau kämpft mit den Tücken der Bürokratie und mit erheblichen Geldproblemen. 

 

Foto: Höller

Am pittoresken Hauptplatz wird gerade etwas Hochsitzartiges montiert, ein paar hundert Meter weiter errichten Arbeiter eine riesige Bühnenanlage. Konkrete Hinweise, was hier und vor allem dass an diesem Wochenende die größte Kulturveranstaltung der Stadtgeschichte startet, muss man auf Maribors Straßen derzeit jedoch intensiv suchen. Am Bahnhof verweist noch nichts auf Maribor 2012, und nur sporadisch finden sich im Stadtbild Plakate mit dem Slogan "Zavrtimo skupaj!" ("Drehen wir uns gemeinsam!" ), der erstaunlicherweise mit "The turning point" ("Der Wendepunkt" ) ins Ausländische übersetzt wird.

Aber nicht nur Kulturinteressierte und der Kreisel als offizielles Symbol sollen sich drehen: Rotiert hatte man zuletzt auch in der Veranstaltergesellschaft der Kulturhauptstadt. Schon 2011 waren die Finanzen wiederholt Thema gewesen. Theateravantgardist Dragan Živadinov, der für Maribor eine Weltraum-Oper hätte inszenieren sollen, schleuderte bei einer internen Sitzung einen Sessel gegen die Wand und beendete seine Zusammenarbeit mit Maribor: Er protestierte damit gegen eine drastische Kürzung der erhofften Projektsubvention. Und auch Tomaž Pandur, der bekannteste Theaterregisseur aus der Draumetropole, stieg 2011 aus: "Ich bin zurückgetreten, als ich verstanden habe, dass in Maribor die Bedingungen für die Umsetzung meiner Ideen fehlen" , resümierte er.

Zu einem richtigen Showdown kam es aber kurz vor Jahresende. Insbesondere als Folge der Politik des rechtspopulistischen Bürgermeisters Franc Kangler - er ist in mehrere Korruptionsverfahren verwickelt, es gilt die Unschuldsvermutung - steht die Kommune am Rande der Pleite und hatte einen Teil der vertraglich fixierten Zahlungen an die Veranstaltergesellschaft nicht geleistet. Mitte Dezember drohten deshalb Generaldirektorin Suzana Žiliè Fišer, Programmdirektor Mitja Cander und schließlich Aufsichtsratschef Oto Luthar mit Rücktritt. Letzter trat tatsächlich zurück - die Stadt war bis Weihnachten mit ihren Zahlungen säumig geblieben. Zwischenzeitlich langte ein Teil der ausstehenden Gelder ein - unter anderem sprangen die Müllwerke und städtische Apotheken für die Kommune ein.

Fehlendes Geld in Kombination mit fragwürdigem Agieren der Stadtregierung führen auch dazu, dass für 2012 geplante zentrale Kulturbauwerke nicht gebaut werden. Zwar ist im druckfrischen Hochglanzbüchlein die Rede von einer "neu errichteten Kunstgalerie Maribor" , nur ist der Neubau nicht realisiert worden. Ein Budapester Architekturbüro hatte 2010 den dazugehörigen Wettbewerb gewonnen, es aber anschließend nicht "verstanden" , dass sie eine Ingenieurfirma mit Planungsarbeiten hätte beauftragen müssen.

Dabei hatte das Projekt mit einer optimistischen Note begonnen. Peter Tomaž Dobrila, Mitbegründer des Kulturzentrums Kibla in Maribor, hatte sich mit seinem Konzept durchgesetzt und 2007 auch die EU-Kommission überzeugt. Inhaltlich ging es um einen Wunsch nach nachhaltiger Veränderung - Maribor kämpft mit dem Image einer heruntergekommenen Industriestadt. Sichtlich schielte Dobrila auf EU-Fördertöpfe - fünf slowenische Partnerstädte wurden mit in die Bewerbung aufgenommen. Doch dann liefen die Vorbereitungen jahrelang eher schleppend.

Lob der Nachhaltigkeit

Nichtsdestotrotz - 16,6 Millionen Programmbudget garantieren 2012 ein anregendes Kulturjahr. Und auch die Hoffnung auf ein wenig Nachhaltigkeit lebt. "Es wäre positiv, wenn es Maribor 2012 schaffen würde, sich mit unterschiedlichen Akteuren in der Stadt zu verbinden. Die Stadt soll als ein Ort erkannt werden, in dem man viel machen kann" , sagt Katja Beck Kos. Sie ist eine von dutzenden Kulturschaffenden, die heuer Programm machen werden.  (Herwig G. Höller aus Maribor  / DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.1.2012)