Brüssel - Russland ist an enger Zusammenarbeit mit dem Westen bei der Entwicklung moderner Militärtechnologien interessiert. Der russische Vize-Ministerpräsident Dmitri Rogosin sagte am Freitag in Brüssel nach Gesprächen bei der NATO, Moskau sei auch zum Kauf westlicher Waffen bereit. Noch wichtiger aber sei es, den eigenen militärisch-industriellen Komplex wieder aufzubauen und zu modernisieren.

Rogosin ist zuständig für die Rüstungsindustrie und für die Verhandlungen über die von der NATO geplante Raketenabwehr in Europa. Russland erwarte von den USA nach wie vor Garantien dafür, dass die Raketenabwehr nicht gegen die eigenen Waffen gerichtet sei.

Rogosin, der bis Ende des vergangenen Jahres vier Jahre lang Moskaus NATO-Botschafter war und jetzt auch Chefunterhändler in Sachen Raketenabwehr ist, bezeichnete die Haltung seines Landes im Streit um diese Abwehr als "flexibel": "Aber wir sind nicht so flexibel wie chinesische Turner, die sich nach allen Seiten bewegen. Es gibt Grenzen für unsere Flexibilität."

Russland brauche "einige Versicherungen, einige Garantien" dafür, dass es durch die NATO-Raketenabwehr nicht entwaffnet werden solle. Die NATO hat sich zur Zusammenarbeit mit Russland bereiterklärt, weil die Raketenabwehr vor allem gegen Staaten wie Iran und Nordkorea gerichtet sei. Im Mai soll die erste Stufe der Raketenabwehr beim NATO-Gipfel in Chicago für einsatzfähig erklärt werden.

Möglicherweise werde es nach den US-Präsidentenwahlen "ein neues Team geben", das Russland die nötigen Zusicherungen geben könne, sagte Rogosin. Moskau brauche "bestimmte Anreize", um von der Unbedenklichkeit der Raketenabwehr für die eigene Sicherheit überzeugt zu sein.

Erneut kritisierte Rogosin den NATO-Lufteinsatz über Libyen, mit dem das Bündnis gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrates verstoßen habe. Er sei überzeugt, dass "jeder ausländische Druck auf ein Land wie Syrien unweigerlich zu einer Katastrophe führen wird". Überall dort, wo der Westen meinte, die Demokratiebewegung in arabischen Ländern zu unterstützen, habe dies zu mehr Macht des islamistischen Extremisten geführt. "Ich glaube, der arabische Frühling wird zu einem heißen Sommer führen. Und der wird Ihnen nicht gefallen", sagte er den Journalisten.

Es sei "kein Verbrechen, wenn ein Staat Waffen und militärische Ausrüstung von einem anderen Staat kauft", sagte Rogosin. "Man verkauft ja auch keine Waffen an einen Feind." Russland tue alles, um ein hochmoderne Rüstungsindustrie zu haben. Diese Industrie sei nach dem Ende der Sowjetunion "in eine sehr tiefe Krise gestürzt". "Deswegen ist Russland nicht nur am Kauf neuer Waffen interessiert, sondern auch an Zusammenarbeit mit anderen Ländern hinsichtlich Innovationen und Forschung, um gemeinsame Vorhaben in Gang zu setzen. Es ist wichtig für uns, unsere Interessen mit denen der westlichen Länder zu verbinden." (APA)