Bukarest - Auch am Sonntagabend wurden wieder Fahrzeuge und Geschäfte zerstört und Brände gelegt. Die Verwüstungen in Bukarest erstrecken sich mittlerweile auf sechs Kilometer. Demonstranten fordern seit Tagen den Rücktritt von Präsident Traian Basescu und der liberaldemokratischen Regierung unter Premier Emil Boc, die seit Sommer 2010 eine der europaweit härtesten Reform- und Sparprogramme durchzieht.

Andererseits bekunden sie ihre Solidarität mit Gesundheitsfachmann Raed Arafat, der sich als Gründer des international mustergültigen Rettungsdiensts Smurd einen Namen gemacht hat. Arafat war am 10. Jänner nach scharfen verbalen Angriffen Basescus von seinem Amt als Unterstaatssekretär im Gesundheitsministerium zurückgetreten. Er hatte gegen das neue Gesundheitsgesetz protestiert, das unter anderem die Öffnung der Rettungsdienste für private Anbieter vorsah.

Auch Experten - etwa des Internationalen Währungsfonds (IWF) - hatten kritisiert, dass die Reform weder vermocht hätte die Bürokratie noch die Korruption zu verringern. So sollte Hausärzten erlaubt werden, über "Spenden und Sponsoring" Einkünfte zu erzielen, was als Legalisierung der ohnehin institutionalisierten "Geschenke" von Patienten und Pharmakonzernen betrachtet wurde. Statt einer Depolitisierung sah das neue Gesetz außerdem vor, dass der Chef der maroden staatlichen Krankenkasse direkt vom Premier ernannt werden soll.

Basescu zog den Entwurf am Freitag zurück. Doch die Demonstranten gehen weiter mit Plakaten mit der Aufschrift "Respekt für Arafat" auf die Straße und bekunden über Facebook-Aufrufe und Flashmobs ihre Solidarität. Im zentralrumänischen Deva brachten etwa hundert Autofahrer in einer Kolonne das Wort "Smurd" auf ihren Autos an. Und das, obwohl Arafat selbst die Einstellung der Proteste forderte und davor warnte, eine sachliche Diskussion um das Gesundheitsgesetz zu politisieren. Mittlerweile wurde eine Kommission zur Erstellung eines neuen Entwurfs einberufen. Premier Boc lud Arafat ein, an den Gesprächen teilzunehmen und ins Ministerium zurückzukehren. (Laura Balomiri/DER STANDARD, Printausgabe, 17.1.2012)