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Die Urteilsverkündung im Clenbuterol-Dopingfall Contador verzögert sich erneut.

Foto: AP/ Thomas Sjorup

Lausanne - So mancher Radsportinteressierte hält den Fall Alberto Contador schon jetzt für ein totales Desaster - und daran wird sich so schnell auch nichts mehr ändern. Eigentlich sollte die 18-monatige Hängepartie in den kommenden Tagen zumindest ein offizielles Ende finden. Der Internationale Sportgerichtshof CAS wollte endlich ein Urteil in der Causa des dreimaligen Toursiegers fällen, nun hat er dies ein weiteres Mal vertagt.

Nach veröffentlichten Gerüchten um die Integrität der Richter-Kommission mit dem Israeli Ephraim Barak, dem Deutschen Ulrich Haas und dem Schweizer Quentin Byrne-Sutton verlängerte der CAS die Frist nun noch einmal. Erst in der Woche vom 31. Januar 2012 sei mit dem Urteil zu rechnen, teilte das höchste Sportgericht am Montagnachmittag mit.

Freispruch oder zweijährige Sperre

Vorbei wäre dann ein Diskurs über die Glaubwürdigkeit der Institutionen, der in jedem Falle dem Radsport wieder einmal geschadet hat. Die Richter-Kommission wird sich nach Ansicht des etwa 4000-seitigen Aktenberges entweder für einen Freispruch entscheiden oder dem Spanier eine zweijährige Sperre aufbrummen.

Am 21. Juli 2010 war Contador positiv auf Clenbuterol getestet worden, während er bei der Tour seinem dritten Gesamtsieg entgegenfuhr. Seither schloss sich eine Posse an, die ebenso beispiellos wie viel beachtet ist.

Der spanische Verband RFEC hatte seinen Vorzeigestar im Februar 2011 von jeglicher Schuld befreit. Immerhin aber brachten Radsportweltverband UCI und die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) per Einspruch den Fall vor das höchste Sportgericht. Danach begann ein Justizmarathon, in dessen Verlauf sich auch die UCI derbe Kritik gefallen lassen musste.

Selbst der unparteiliche CAS wurde mit unangenehmen Spekulationen konfrontiert. Ende November hatte das Schiedsgericht alle Parteien vorgeladen. Bei der Anhörung in Lausanne, die zuvor mehrfach verschoben worden war, hatten unterschiedlichste Akteure vorgesprochen, für Contador unter anderem ein amerikanischer Experte für Lügendetektor-Tests. Nicht zu Wort soll dagegen ein Hauptzeuge der WADA gekommen sein.

Zweifel an der Integrität der Kommission

Anti-Doping-Experte Michael Ashenden, der die Theorie einer unerlaubten Bluttransfusion mit Erklärungen stützen wollte, wurde von den Richtern unter Leitung des Israelis Ephraim Barak laut Augenzeugen abgewiesen. Die WADA-Anwälte hätten daher beinahe die Anhörung verlassen. Außerdem hatte Flavio Becca, Mäzen des Radteams RadioShack-Nissan, die Integrität der Kommission öffentlich angezweifelt.

Der CAS sah sich gezwungen, öffentlich seine Unabhängigkeit zu unterstreichen. Wegen dieses "bedauerlichen Vorfalls" verschob der CAS nun sogar den Urteilsspruch erneut.

Contador hatte sich die Ereignisse in Lausanne nicht entgehen lassen. Er verfolgte jede Expertenmeinung aufmerksam und durfte am Ende noch einmal 15 Minuten argumentieren. Contador hat sich seit der Anhörung nicht zum Thema geäußert. Sein Teamchef Bjarne Riis meinte zum Urteil nur: "Wir werden sehen".

Es ist klar, dass Riis um sein Zugpferd bangt. Wird der Spanier gesperrt, ist Saxo Bank nur noch ein gewöhnliches Team, mit Contador eines der meist beachteten. Denn Contador will 2012 die Tour wieder gewinnen. "Das ist mein Ziel", sagte er. Bezogen auf seinen Fall hatte Contador, wenn er etwas sagte, stets tapfer optimistisch geklungen.

Sein Hauptargument ist bis heute, dass ein verseuchtes Steak zur positiven Dopingprobe bei der Tour 2010 geführt hatte. UCI und WADA haben sich auf Daten aus dem biologischen Pass konzentriert und darüber hinaus eben auf eine unerlaubte Bluttransfusion, durch die Spuren von Clenbuterol zustande kamen. Wird der Spanier schuldig gesprochen, droht ihm die Aberkennung seines Tour-Titels von 2010. (sid)