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Roger Federer applaudiert sich selbst, die Konkurrenz wirft ihm Ignoranz vor.

Foto: EPA/JOE CASTRO

Melbourne - Jürgen Melzer (6:7 (3), 5:7, 3:6 gegen den Kroaten Ivo Karlovic) und Patricia Mayr-Achleitner (2:6, 4:6 gegen die Weißrussin Olga Goworzowa) sind bereits zum Auftakt gescheitert, die Favoriten haben sich jedoch durchgesetzt. Die Partien der Herren Rafael Nadal und Roger Federer verliefen unspektakulär. Aufregend wurde es nach den Matchbällen. Im Welttennis bahnt sich ein Konflikt an, er ist bereits da: Alle gegen Federer. Der Schweizer gerät immer mehr ins Abseits.

Nachdem Nadal seinem großen Rivalen im Streit um den vollen Terminkalender der ATP-Tour Untätigkeit und Egoismus vorgeworfen hatte, verschärfte sich der Ton in Melbourne. "Ich weiß nicht, warum Roger die Spieler nicht unterstützt. Federer will nichts unternehmen. Rafael Nadal und Novak Djokovic stehen dagegen zu den anderen Spielern aus den Top 100", sagte Nikolai Dawydenko. Der Russe wunderte sich über die fehlende Solidarität von Grand-Slam-Rekordsieger Federer: "Er ist perfekt. Er will nichts machen. Er versucht einfach, sich rauszuhalten."

Nadal vs. Gentleman Federer

Zuvor hatte schon Nadal erstmals den Ehrenkodex gebrochen und Federer öffentlich an den Pranger gestellt. "Es ist leicht, zu sagen: Ich mache nichts, alles ist gut, und ich bleibe ein Gentleman, während sich andere verbrennen", wetterte Nadal gegen den Präsidenten der Spielergewerkschaft und legte nach: "Er wird seine Karriere blühend beenden, weil er ein absolut privilegierter Athlet ist. Aber weder Murray noch Djokovic oder ich werden so aufhören können."

Als stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft setzt sich der Spanier für Änderungen im Terminkalender ein - und hat dabei nicht nur Branchenführer Djokovic und Murray auf seiner Seite. Auch der Rest des Profifeldes will dem Trio offenbar treue Gefolgschaft leisten. Bis auf Federer. Der als Saubermann bekannte Schweizer scheint keinen Grund für Aktionismus zu sehen. Der 30-Jährige äußert sich in der Öffentlichkeit nur selten negativ über den Tennissport.

"Sie hetzen uns um die Welt"

Nadal hatte Ende 2011 sogar offen mit Streik gedroht, sollte der Verband der professionellen Tennisspieler ATP und der Weltverband ITF keine Lösungen finden, den Topspielern mehr Pausen zu geben. "Sie hetzen uns um die Welt. Sie tun alles für die Show, aber nichts für uns. Das können wir nicht akzeptieren, denn die Gesundheit der Spieler ist wichtig für diese Show."

Während Nadal für eine Weltrangliste plädierte, die erst alle zwei Jahre neu berechnet wird, um verletzte Spieler zu schützen, positionierte sich Federer gegen den Vorschlag. Und was sagte er in Melbourne zu den Vorwürfen? "Man kann nicht immer einer Meinung sein. Aber grundsätzlich bin ich schon der Meinung der Spieler. Streik ist ein gefährliches Wort. " (DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 17. Jänner 2012, sid, hac)