Bereits 1775 erklärte die Französische Akademie der Wissenschaften, keine Arbeiten zum Thema Perpetuum mobile mehr anzunehmen oder zu prüfen, da ein Perpetuum mobile unmöglich ist. Auf heute übertragen entspricht dies der Aussage, dass sich kein Physiker mit Ideen beschäftigt, die dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik widersprechen, der besagt, dass in einem geschlossenen System die Gesamtenergie stets erhalten bleibt.
Natürlich kann man aus dem Energieerhaltungssatz keine Schlüsse ziehen, wie eine Dampfmaschine funktioniert. Trotzdem wird kein Physiker behaupten, es handle sich um eine "inhaltsleere Tautologie", so wie Franz Hahn das an dieser Stelle in seiner Erwiderung auf Walter Schachermayer vom Grundprinzip Schulden = Guthaben behauptet. Denn die wohl unbestrittene Bedeutung dieses Satzes liegt eben gerade darin, dass damit die reale Existenz vieler physikalischer Phänomene ausgeschlossen werden kann: z. B. die Behauptung, dass es eine Dampfmaschine gebe, die Energie abgibt, ohne dass man zuerst eine andere Energie hineinsteckt. Und genau darin liegt auch die fundamentale Bedeutung des genannten volkswirtschaftlichen Grundgesetzes und aller anderen Bilanzierungsidentitäten: Mit ihrer Hilfe kann man zwar keine Aussagen treffen, wie ökonomische Vorgänge ablaufen, aber man kann für viele wirtschaftliche Ideen ausschließen, dass sie tatsächlich möglich sind - etwa jene, dass Schulden in Summe abgebaut werden und gleichzeitig die Guthaben erhalten bleiben, wie sich das vielleicht manche Gläubiger wünschen.
Besonders wesentlich aber ist die politische Konsequenz, die sich daraus ergibt. Ja, es ist sehr wichtig, dass die Staatsschulden abgebaut werden müssen. Aber jeder, der einen Abbau der Staatsschulden fordert, muss seriöserweise auch die Frage beantworten, welche Guthaben abgebaut werden sollen oder wer diese Schulden übernehmen soll. Prof. Schachermayer wie auch Prof. Heinz Kurz haben dazu inhaltlich klar Stellung bezogen: Ohne Verminderung der Guthaben wird das wohl unmöglich sein. - Franz Hahn dagegen hat nur den Abbau der Staatsschulden gefordert, sich aber zur Kehrseite der Medaille nicht geäußert, was unkorrekt ist. Er vertritt leider wie die meisten heutigen marktgläubigen Ökonomen die These, dass es genügt, den Druck zu erhöhen, dann würden sich die Marktkräfte schon einen Weg bahnen und dieses Problem lösen. Das entspräche der Einstellung eines Physikers, der den Senf aus der Tube entfernen will, aber nur den Druck auf die Tube erhöht und dabei den Verschluss nicht abschraubt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Senf dann nicht an der vorgesehenen Öffnung austritt, sondern die Tube platzt und er in der Malaise sitzt, ist groß. Und eben davor hat die von Hahn zitierte Jetti-Tant zu Recht Angst: Denn wenn die marktgläubigen Ökonomen ebenso unvernünftig handeln wie jener Physiker, säße sie genau dort, wo die Griechen jetzt sitzen ... (Erhard Glötzl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.1.2012)