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Der EFSF hat sein AAA auch verloren.
Luxemburg/Berlin – Der europäische Rettungsfonds EFSF hat bei der ersten Anleiheauktion nach dem Downgrade durch S&P problemlos Geld zu günstigen Konditionen eingesammelt. Die Versteigerung von Wertpapieren mit einer Laufzeit von sechs Monaten spülte laut EFSF 1,501 Milliarden Euro in die Kassen. Die Anleger erhalten dafür einen durchschnittlichen Zins von 0,2664 Prozent. Die Nachfrage war stark: Die Auktion war mehr als dreifach überzeichnet.
Herabgestuft von AAA auf AA+
Nach der Herabstufung von neun Euro-Staaten schätzte Standard & Poor's am Montag auch die Kreditwürdigkeit des Rettungsschirms EFSF schlechter ein. Die Bonität wird nun noch mit der zweitbesten Note AA+ bewertet. Über den Schritt war bereits in Expertenkreisen spekuliert worden.
Der EFSF wies nach Bekanntgabe der Entscheidung von S&P darauf hin, dass die beiden anderen Bonitätswächter, Moody's und Fitch Ratings, den Fonds weiterhin mit dem Spitzenrating bewerteten. "Keine der beiden Ratingagenturen hat irgendeine Entscheidung über den EFSF in unmittelbarer Zukunft angekündigt", hieß es.
EFSF-Chef Klaus Regling erklärte, die Kreditkapazität von 440 Milliarden Euro werde durch die Herunterstufung durch S&P nicht verringert. "Der EFSF hat genug Mittel, um seine Verpflichtungen unter den laufenden und potenziellen künftigen Anpassungsprogrammen zu erfüllen, bis der ESM seine Arbeit im Juli 2012 aufnimmt." Der französische Finanzminister Francois Baroin stieß ins gleiche Horn. Auch nach der Herabstufung bestehe keine Notwendigkeit, den Fonds aufzustocken. "Die Verleihkapazität des EFSF ist weiter intakt. Es gibt genügend Mittel und Garantien, um die derzeitigen und künftigen Verpflichtungen zu erfüllen", sagte Baroin.
Kein Engpass bei der Kreditvergabe
Auch der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, wies darauf hin, dass die Euro-Länder auch nach dem S&P-Rundumschlag keinen Engpass bei der Kreditvergabe an taumelnde Schuldensünder sehen. "Die Entscheidung von S&P wird die Ausleihkapazität des EFSF von 440 Milliarden Euro nicht verringern", schrieb der Vorsitzende der 17 Euro-Finanzminister in einer Aussendung. Der Rettungsfonds verfüge über ausreichend Geld, um die laufenden und geplanten Hilfsprogramme – für Portugal, Irland und Griechenland – zu stemmen.
Auch Juncker verwies darauf, dass auch nach dem Verlust der Bestnote durch S&P der Rettungsfonds noch die Höchstbewertung der beiden anderen großen Ratingagenturen Moody's und Fitch besitze. "Keine der beiden Ratingagenturen hat für die nahe Zukunft eine Änderung der Note angekündigt." Über die Konsequenzen der S&P-Entscheidung würden die Euro-Finanzminister beraten. Bei ihrem Treffen am nächsten Montag (23. Jänner) in Brüssel werden die Minister voraussichtlich über politische Maßnahmen diskutieren.
Der luxemburgische Premier wies darauf hin, dass bereits im Sommer der dauerhafte EFSF-Nachfolger ESM am Start sein wird. Aufgrund seines Eigenkapitals hänge er weniger vom Rating der Euro-Staaten ab. Im März würden die Minister entscheiden, ob die geplante Ausstattung von 500 Milliarden Euro für den ESM ausreiche.
Entscheidung war absehbar
Standard & Poor's hatte Frankreich und Österreich am Freitag vom Spitzenrating herabgestuft sowie sieben weiteren Euro-Staaten wegen wachsender Risiken in der Schuldenkrise schlechtere Noten verpasst. Da die Bestnote für den EFSF maßgeblich durch die entsprechende Bewertung von sechs der 17 beteiligten Euro-Staaten abhängt, war absehbar, dass auch der Fonds zurückgestuft würde.
Der EFSF wurde im Mai 2010 geschaffen, nachdem Griechenland als erster Euro-Staat mit einem Kreditpaket der Partnerstaaten vor der Pleite gerettet werden musste. Er nimmt mit Garantien seiner Mitgliedstaaten Kredite am Kapitalmarkt zur Finanzierung hoch verschuldeter Euro-Länder auf, die sich nicht mehr selbst zu tragbaren Kosten finanzieren können. Portugal und Irland waren die ersten Nutzer des Fonds, auch Griechenlands zweites Rettungspaket wird über den EFSF gestemmt. Im Juli soll er aber vom permanenten Rettungsmechanismus ESM abgelöst werden.
EZB-Chef kritisiert Draghi
EZB-Chef Mario Draghi hat die Ratingagenturen generell kritisiert. Bei einer Debatte im EU-Parlament in Straßburg sagte Draghi, "im Grunde genommen sollten wir versuchen, ohne Ratings zu leben". Zumindest sollte die Bedeutung der Ratingagenturen "doch sehr viel eingeschränkter" sein als heute.
Die Ratingagenturen hätten in der Krise der letzten Monate viel von ihrem Ruf verloren. Er wolle generell keinen Kommentar zu den Ratings an sich abgeben, "aber man muss die Frage stellen, wie wichtig sind die Ratings für Investoren, Märkte und die regulierenden Behörden". Tatsächlich hätten die Märkte den Ratings schon vorgegriffen und Vermögen auch anders bewertet, "so als ob die Herabstufung schon vor einiger Zeit stattgefunden hätte", so Draghi.
Kritisch äußerte sich der EZB-Präsident, dass "es erst einmal keinen Wettbewerb der Ratingagenturen gibt." Dem entgegenzuwirken, wäre eine posittive Maßnahme. Die Regulierungsbehörden "sollten auch ohne Ratings arbeiten können. Wir sollten zumindest die Kreditwürdigkeit so bewerten können, dass die Ratingagenturen nur eine von vielen Komponenten darstellen. Wir dürfen nicht hundertprozentig abhägen von diesen Ratings".
Staatsanleihen und Euro stabil
Unbeeindruckt von dem Rundumschlag zeigten sich die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen. Die Renditen blieben großteils stabil und waren nur von geringfügigen Anstiegen gekennzeichnet. Italienische Zinsen notierten mit 6,581 Prozent sogar unter dem Vortageswert.
Österreichische Renditen blieben mit 3,014 Prozent nur leicht über dem Montag-Wert. Auch deutsche Zinsen gingen – obwohl das Land nicht nur das Triple-A behält, sondern auch als einziges Euro-Land auch einen positiven Ausblick erhielt, leicht nach oben und notierten zuletzt mit 1,797 Prozent. Lediglich griechische Renditen gingen wieder klar nach oben. Auch der Euro hat sich am Dienstag in der Früh deutlich von seinen Verlusten zum Wochenschluss infolge des Rundumschlags der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) erholt. Gegen neun Uhr notierte die europäische Gemeinschaftswährung mit 1,2759 Dollar und damit deutlich über dem Montag-Richtwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 1,2669 Dollar.
Auch Europas Börsen bleiben heute entspannt (siehe Marktberichte) (Reuters/APA/red)