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Online-Aufnahmestudio in Dolby-Qualität: Übers Internet finden sich Musiker zur Produktion zusammen. Rapper LLCoolJ stellte bei der CES seine Musik-Community "boomdizzle.com" vor, die jungen Künstlern als Startrampe dienen soll.

Foto: AP

Es ist ein Paradoxon der Unterhaltungselektronik: Einerseits wird die Wiedergabe von Bild und Ton immer perfekter, mit dreidimensionalem Film, hochauflösendem TV und dramatischen Surround-Sound. Andererseits werden die Gadgets, auf denen Filme konsumiert werden, mobil und immer kleiner, was die mögliche Qualität im Vergleich zum Kinosaal oder einer aufwändigem Heimkinoanlage stark beschränkt. Und immer mehr Video-Content, der über Youtube oder Facebook konsumiert wird, entspricht nicht den hohen Standards professioneller Unterhaltungselektronik; dennoch erwarten verwöhnte Konsumenten ein reiches audiovisuelles Erlebnis.

Produzenten wissen nicht, auf welchen Geräten Filme gesehen werden

Diese Quadratur des Kreises zu schaffen bemüht sich Dolby, die Firma, die in den meisten Filmen, Kinos und bei TV-Anstalten für möglichst authentischen Klang sorgt. "Die Herausforderung für Produzenten besteht darin, dass sie nicht wissen, auf welchem Endgerät ein Film jeweils gesehen und gehört wird", sagt Andreas Spechtler, europäischer Chef von Dolby Laboratories. "Es braucht eine gemeinsame technische Sprache, die durchgängig von der Entstehung des Content über dessen Verteilung auf verschiedensten Kanälen bis zu den vielfältigen Endgeräten reicht."

Dolby Digital Plus

Bei der Consumer Electronics Show zeigte das Unternehmen das System Dolby Digital Plus, das sicherstellen soll, dass im Studio perfekt produzierter Ton möglichst optimal "bei allen fünf Bildschirmen ankommt, die Konsumenten benutzen", sagt Spechtler: Vom Kinosaal und High-Definition-Patschenkino bis zum PC, Handy und Tablet. Bei der Wiedergabe checkt die Mehrkanaltechnik, welche Ausgabe zur Verfügung steht, von aufwändigen Dolby-7.1-Tonanlagen bis zur einfachen Stereoanlage oder Handys mit Kopfhörer und virtuellem Raumklang.

"Der Content mobilisiert sich, das ist eine große Zukunft für uns"

Der Siegeszug von Mobilgeräten und Online-Videodiensten macht die Umstellung vom bisherigen Dolby Digital auf den neuen Plus-Standard nötig: Denn das bisherige Verfahren deckte diese Endgeräte nicht ab, ebenso wenig wie die Online-Distribution von Videos. "Der Content mobilisiert sich, das ist eine große Zukunft für uns", sagt Spechtler. Nicht unbedingt zur Freude von Anbietern wie ORF oder deutschen TV-Sendern, die bereits in die Vorgängertechnologie Dolby Digital investierten und unter Spardruck stehen. Eine Reihe europäischer TV-Sender, u. a. in Frankreich, Italien und Spanien, haben bereits in den höheren Standard investiert ebenso wie Onlinedienste wie Netflix, das zu Amazon gehörende Lovefilm oder 24-7 in Deutschland. Solche Videoservices kommen langsam auch in Europa in Gang, vor kurzem startete Netflix in Großbritannien. Auf der Endgeräteseite wiederum ist Dolby-Technologie in Internet-verbundenen TV-Geräten integriert.

boomdizzle.com von LLCoolJ

Auch bei anderen Onlinediensten kommt Dolby Digital Plus zum Einsatz. So ermöglicht die von Rapper LLCoolJ betriebene Musiker-Plattform boomdizzle.com, dass Musiker von verschiedenen Orten aus in einem virtuellen Online-Aufnahmestudio gemeinsam produzieren - in Dolby-Mehrkanaltechnik, als ob sie im selben Studio miteinander musizieren. Selbst wo Videos mit mangelhafter Tontechnik produziert werden, wie bei auf Youtube eingestellten Videos, kann Dolby nachbessern. Eine Virtualisierungstechnik, die unter anderem von Nokia eingesetzt wird, reichert den Ton an, sodass die Wiedergabe voller als das Original klingt.

Populäre unbekannte Firma

Dolby ist in den vergangenen Jahren zu einer Art Gütesiegel für den guten Ton geworden, ohne dass Konsumenten die Firma dahinter kennen würden. Denn deren Produkte - Lizenzen für seine Codeces, Software zur Produktion, Spezialisten zur Abmischung von Soundtracks - werden nur im professionellen Bereich verkauft. Gegründet wurde die Firma 1965 in London vom Amerikaner Ray Dolby, der als erstes Produkt ein Verfahren zur Rauschunterdrückung der damals neuen Musikkassetten entwickelte. Heute ist der börsennotierte Tonspezialist mit 1300 Mitarbeitern und einer knappen Milliarde Dollar Jahresumsatz weltweit tätig. (Helmut Spudich aus Las Vegas/DER STANDARD Printausgabe, 17, Jänner 2012)