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Gedenken an Hrant Dink.

Foto: EPA/TOLGA BOZOGLU

Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren ist er erschossen worden. Hrant Dink war auf dem Weg zur Redaktion seiner türkisch-armenischen Wochenzeitung Agos in der Istanbuler Innenstadt, als Ogün Samast, ein damals 17-jähriger Teenager, abdrückte. Der politische Mord schockierte die Türkei. Nun erklärte Richter Rüstem Eryilmaz den Fall für abgeschlossen: Samast war schon im Herbst vergangenen Jahres zu 22 Jahren Haft verurteilt worden, am Dienstag wurde vor dem Strafgericht im Stadtteil Beşiktaş auch eine Gefängnisstrafe gegen einen Mitbeteiligten am Mord verhängt. Doch die Auftraggeber bleiben weiterhin im Dunkeln.

Unmut wurde im Gerichtssaal laut, als Eryilmaz seine Entscheidung bekanntgab: lebenslange Haft für Yasin Hayal, einen rechtsnationalen Kriminellen, der die Tatwaffe besorgt hatte, während ein zweiter Angeklagter, Erhan Tuncel, freigesprochen wurde; Tuncel erhielt dafür zehn Jahre Haft für seine Beteiligung an einem Bombenanschlag gegen eine McDonald's-Filiale in der Schwarzmeerstadt Trabzon 2004.

"Hrants Freunde" , eine Gruppe von Bürgerrechtlern, früheren Kollegen des Publizisten und Familienangehörigen, protestierten vor dem Gerichtsgebäude gegen den Abschluss des Verfahrens. "Dies ist das Urteil der Regierung" , erklärten sie: "Sie waren es, die Hrant vor fünf Jahren von uns genommen haben mit ihren Sicherheitskräften, mit ihrer Gendarmerie, ihrem Geheimdienst, ihrer Justiz, ihren Medien." Dinks Anwälte drängten das Gericht zuletzt, Listen mit Telefongesprächen vom Tatort als Beweismittel dafür zu akzeptieren, dass ein Dutzend Personen in Kontakt mit den Angeklagten war. Die Polizei widersprach dem.

"Ich bin jetzt ein Ziel"

Spätestens nachdem Dink 2004 in einem Artikel geschrieben hatte, dass Sabiha Gökçen, eine der Adoptivtöchter des Republikgründers Kemal Atatürk, ein armenisches Mädchen aus einem Waisenhaus war, fühlte sich der Verleger in seinem Leben bedroht. "Ich bin jetzt ein Ziel" , lautete der Titel seines nächsten Artikels. Dink war in die Gouverneursverwaltung von Istanbul vorgeladen worden, Mitarbeiter des Geheimdienstes MIT nahmen an der Einvernahme teil. Seit 2004 habe er von Mordplänen gegen Dink gewusst, sollte später ein Mitglied des Geheimdienstes der Gendarmerie bei Gericht aussagen. Drei Jahre also, bevor Dink auf offener Straße erschossen wurde. (Markus Bernath aus Istanbul/DER STANDARD, Printausgabe, 18.1.2012)