Tanzen im Park, für jede Altersgruppe

Foto: An Yan

Mühlespielen im Park. In Kunming auch im Dezember kein Problem.

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Guerrilla Gardening auf einem Abbruchgelände

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Altwarenhändler an ihrem Arbeitsplatz auf der Straße

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Schuhputzstände auf der Straße - nur eine der vielen Möglichkeiten informell Geld zu verdienen.

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Sport wird in China prinzipiell draußen betrieben. Mittlerweile auch im Westen berühmt ist in diesem Zusammenhang Taiji, die chinesische (Kampf)Sportart, die jeden Morgen und Abend bei jedem Wetter im Park an der frischen Luft geübt wird. Es findet sich immer ein Lehrer, der die Bewegungen vormacht, und jeder, der gerade zufällig oder gezielt vorbeikommt, kann sich dazustellen und mitmachen. Das ist gratis und gesund - und das Fehlen dieser gemeinschaftlichen Betätigung ein Hauptnostalgiepunkt von Auslandschinesen auf der ganzen Welt.

Wir treffen uns dann um fünf Uhr morgens im Park...

Vor den meisten Wohnkomplexen und zumindest in jedem Park stehen fest montierte Fitnessgeräte zur freien Benutzung, und dieses Angebot wird auch regelmäßig wahrgenommen. Es gibt aber noch viel mehr Sportarten, von Qigong und Joggen bis hin zu sämtlichen Tanzarten: Ich bin mir sicher, dass ein durchschnittlicher Chinese besser Walzer tanzen kann als ein Wiener, weil er es mindestens zweimal die Woche im Park übt.

Einsame Omis gibt's hier nicht

Gerade für alte Menschen sind diese auswärtigen Beschäftigungen sehr wichtig. Eine der großen sozialen Unterschiede zwischen dem Westen und China ist, dass in China alte Menschen die Möglichkeit haben (und sie nicht scheuen), sich jeden Tag mit allen anderen Altersgruppen zu treffen und ausgelassen im Park zu tanzen, zu singen oder zu spielen. In der Volksrepublik gibt es auch eigene Treffen für Haustierbesitzer, die dann gemeinsam ihre Grillen oder Singvögel in Käfigen in den Park bringen, auf eigens dafür vorgesehenen Stangen aufhängen und rauchen, während sich ihre tierischen Freunde ihrerseits austauschen. Tagsüber hängt der Käfig natürlich immer vor der Tür.

Sehen und gesehen werden

Auch Schach, Mühle, Kartenspielen und das allgegenwärtige Majiang ("Mahjongg") wird bei geöffneten Türen in abends zweckentfremdeten Geschäftsräumen oder im Park auf öffentlichen Bänken gespielt. Dabei wird immer um Geld gespielt und es gibt immer Zuschauer. Die westliche Scheu davor, andere Menschen zu offensichtlich zu beobachten, ist hier fehl am Platz; beobachten und beobachtet werden ist ein wichtiger Teil des sozialen Zusammenlebens. Mein Nachbar reißt morgens seine Wohnungstür weit auf und lässt das ganze Haus an seinen chinesischen Opernaufnahmen teilnehmen. Dabei ist unerheblich, ob er sich gerade mit seinem Hund unterhält oder Bücher liest; jeder ist willkommen, ihm dabei zuzusehen. Er ist immer etwas misstrauisch, weil ich meine Haustür hinter mir zumache. Ein anderer Nachbar hält jede Woche buddhistische Zeremonien in seiner Wohnung ab - sobald es nach Weihrauch riecht, steht die Tür offen und jeder kann sich dazugesellen.

Wozu Miete für ein Geschäft zahlen?

Viele arbeiten auch auf der Straße; mit Abstand die meisten Waren werden auf provisorischen Verkaufsständen auf dem Gehweg oder auf dem Markt gekauft, von Lebensmitteln bis hin zu Elektronikartikeln, Kleidung, Büchern und Haustieren. Informell ist es nur insofern, dass sie kein Angestelltenverhältnis oder sonstige Bindungen bzw. Sicherheiten haben. Doch verboten ist dieses Gewerbe in China nicht - die Polizisten kaufen selbst ihre Socken bei der alten Frau auf der Fußgängerbrücke. Das hat den Vorteil der Flexibilität, Mobilität und billig ist es natürlich auch. Man kann zu (fast) jeder Tag- und Nachtzeit sein Handy aufladen, Batterien kaufen oder recht anständig essen. Die Händler wissen aus Erfahrung, wann wo die meiste Nachfrage besteht und ziehen alle paar Stunden mit ihren Waren um. Die Herkunft dieser Waren ist nicht immer klar, und von „normaler Ware" über Secondhand, ausgemusterten Resten und Diebesgut ist sicherlich alles dabei. Garantie oder Rückgaberecht gibt es natürlich nicht; der Kunde ist selbst schuld, wenn er eine Ware nicht vor dem Kauf richtig einschätzen kann. Aber die Preise sind so niedrig, dass auch kaum jemand damit ein Problem hat.

Und zu guter Letzt: GuerrillaGardening wurde - natürlich - im bevölkerungsreichsten Land der Welt erfunden, etabliert und perfektioniert. Zur einer Zeit, da überall in China massenhaft Wohnviertel abgerissen und häufig erst nach Monaten oder Jahren neu aufgebaut werden, wird jeder Quadratmeter Erde genutzt und liebevoll sowie kunstfertig mit Gemüse bepflanzt. (An Yan, 17. Jänner 2011, daStandrad.at)