Bild nicht mehr verfügbar.

Geschlossen wegen unliebsamer Berichterstattung: Horn Cable TV

Foto: AP/Farah Abdi Warsameh

Sie wagen hochprofessionell und sehr ernsthaft eine kesse Lippe, die RedakteurInnen des ORF. Es ist ein Vergnügen, ihre privat produzierte Videobotschaft an den Generaldirektor und an alle ORF-affinen Politiker sich wieder und wieder anzusehen. Damit ist die Konfliktschraube um etliche Windungen weiter gedreht. Hoffen wir, dass das nicht bei Daumenschrauben endet.

Offensichtlich ist im größten Kommunikationsbetrieb unseres Landes kein fruchtbares Gespräch zwischen dem direktierenden Hausherrn und seinen problemorientierten MitabeiterInnen möglich. Stattdessen wirft man sich über andere Medien Freundlichkeiten zu und gibt damit zugleich tiefe Einblicke in das Betriebsklima. Längst, so scheint es, geht es im 6. Stock primär um die Chef-Ehre und null Bock auf vermeintlichen Gesichtsverlust. Schade, damit ist eine große Chance vertan. Der ORF wird auch das, zwar lädiert aber trotzdem, irgendwie überstehen. Schließlich leben wir in Österreich. Und hier ist der oberste Fernsehmann von der Regierung wohlgelitten.

Schon einmal den Namen Hargeysa gehört? Das ist die Hauptstadt von Somaliland, jener de-facto-Präsidialrepublik, die sich vor 20 Jahren einseitig und ohne völkerrechtlichen Sanktus von Somalia losgesagt hat. In Hargeysa ließ dieser Tage die Regierung kurzerhand den Fernsehsender Horn Cable TV wegen unliebsamer Berichterstattung schließen und dessen Ostafrika-Direktor Mohamed Abdi Sheik ins Gefängnis stecken. Der Offizier, der die Aktion leitete, konnte zwar keine entsprechende Vollmacht vorweisen, doch er vollstrecke, so sagte er, einen Befehl "von oben". Der Besitzer des Senders wurde vorgestern zu einem Gespräch ins Präsidentenbüro beordert. Laut Präsident Ahmed Mohamed Siilaayon sei die Berichterstattung von Horn Cable TV für das Land destruktiv gewesen und habe regierungsfeindliche Propaganda betrieben.

100 Polizeibeamte hatten am 14. Januar den Sender gestürmt, die Redaktionen nach Art des Innenministeriums aus dem Haus komplimentiert und die Tore geschlossen. Kurz darauf waren auch die Leitungen unterbrochen. Horn Cable TV sendet seitdem nicht mehr.

Als die Redaktionsmitglieder tags darauf eine Demonstration vor dem Präsidentenpalast abhielten, wurden acht festgenommen. Ebenso 13 KollegInnen anderer Medien, die ebenfalls protestierten, darunter sechs Frauen. Nach 24 Stunden kamen sie auf Befehl des Innenministers wieder frei. Die Verhaftungen sollten offensichtlich Warnschüsse sein und zu regierungstreuer Berichterstattung animieren.

Dass die Regierung von Somaliland mit den Medien auf Kriegsfuß steht, hatte sich schon Anfang Januar angekündigt. Mehrere JournalistInnen wurden unter fadenscheinigen Behauptungen inhaftiert. Vier sitzen noch immer hinter Gittern. Reporter ohne Grenzen International spricht von beispiellosen Übergriffen gegenüber Medien.

Andere Länder, andere Sitten mögen hierzulande manche sagen. Afrika ist weit weg und Somaliland, wie man so schön sagt, eine Bananenrepublik. Bei uns ist Unverfrorenheit gegenüber Medien angeblich weder ein Kavaliersdelikt noch eine Bananenschale, auf der Politiker ausrutschen wollen. Demnach sind auch parteipolitische Postenbesetzungen beziehungsweise Posten-Neuschöpfungen in öffentlich-rechtlichen Medien allenfalls auf fachlichen Sachzwängen basierenden Entscheidungen.