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Orbán: Die Schwierigkeiten hätten nichts mit der ungarischen Verfassung zu tun

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Orbán und Kommissionspräsident Barroso - ein Herz und eine Seele? Derzeit vermutlich eher nicht.

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Berlin - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ist bereit, der EU im Streit um die von Brüssel angestrengten EU-Vertragsverletzungsverfahren entgegenzukommen. Orbán hat bei der EU-Parlamentsdebatte in Straßburg am Mittwoch zugesagt, die "Probleme schnell und einfach zu korrigieren". Die EU-Kommission würde bei ungenügender Antwort aber nicht vor weiteren Schritten zurückschrecken, so Behördenchef Jose Manuel Barroso. Orbán solle die Dinge "klar und eindeutig regeln".

Angesprochen auf die finanzielle Lage des Landes sagte der Fidesz-Chef, "wir brauchen kein Geld von der EU, das wollen wir gar nicht. Aber wir wollen Sicherheit, Garantien, dass unser Anleihenmarkt in der EU funktionieren kann".

Ungarn ist nicht Griechenland

Orbán geht es nicht darum, "einfach billiges Geld zu bekommen". Ungarn habe eine 16-prozentige Flattax, "das ist eine durchaus richtige Sache und wir müssen selbst wieder auf die Beine kommen. Wir zahlen lieber ein bisschen mehr, um uns Kapital auf den Märkten zu beschaffen, als uns in Abhängigkeit zu begeben". Dennoch würde er sich über ein Darlehen des IWF freuen.

Die Wirtschaftsdaten würden Ungarn kreditwürdig machen, das Land sei in keiner finanziell bedrohlichen Situation: "Es stimmt einfach nicht, zu behaupten, dass Ungarn nicht in der Lage ist, Anleihen zu platzieren." Einen IWF-Kredit sieht er in Ungarn auch besser angelegt, als in Griechenland. Es sei falsch, dass etwas finanziert werde, was sich überhaupt nicht lohnt, weil sich das Empfängerland nicht anstrenge. "Ich möchte nicht, dass man Ungarn so sieht. Wir wollen stark auftreten auf den Finanzmärkten", gab sich Orbán selbstbewusst.   

Entgegenkommen bei Zentralbank

Gleichzeitig schwächte Orbán die Kritik der EU-Kommission ab. Die Umgestaltung Ungarns nach der kommunistischen Ära sei rasch gegangen, "bei dem schnellen Tempo halten wir es für natürlich, dass es auch Streitfragen gibt und geben soll". Jedenfalls hätten die Schwierigkeiten nichts mit der ungarischen Verfassung zu tun, so  Orbán. Bisher sei "kein einziger Paragraf der ungarischen Verfassung rechtlich beanstandet worden".

Entgegenkommen signalisierte Orbán vor allem bei dem von Brüssel beklagten Eingriff in die Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank. In diesem Fall gebe es nur "in einem Punkt Streit mit der Kommission", so Orbán, nämlich dass der Präsident der Nationalbank den Eid auf die ungarische Verfassung leisten müsse. "Wenn wir in der einzigen Frage nachgeben müssen, kann man in Zukunft darüber diskutieren", tönte der ungarische Premierminister. In der "Bild"-Zeitung schilderte er den Sachverhalt so: "Wir werden uns in diesem Fall der Macht beugen, nicht den Argumenten."

Die zwei anderen Vertragsverletzungsverfahren betreffen die Altersgrenzen-Herabsetzung der Richter und Staatsanwälte sowie die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde. Barroso betonte nach dem Parlamentsauftritt des ungarischen Premierministers, "wir bitten die ungarischen Behörden, Korrekturen vorzunehmen". Auch der dänische Europaminister und EU-Ratsvorsitzende Nikolai Wammen unterstützte die Kommission. Alle EU-Staaten hätten die Regeln der Verträge einzuhalten, "das gilt für Ungarn genauso".

Eigenlob von Leistungsbilanz bis Roma-Rechte

Orbán sparte vor dem EU-Parlament nicht mit Eigenlob. Ungarn habe in den letzten Jahren "enorm viel geleistet und wir sind stolz darauf". Erstmals gebe es einen stabilen Haushalt, die Leistungsbilanz sei positiv, rechtsextreme paramilitärische Organisationen seien abgeschafft worden, womit Minderheiten wie die Roma, aber auch die jüdische Gemeinschaft geschützt sei. Die "Umgestaltung Ungarns erfolgte aufgrund europäischer Werte. Wir stützen uns auf bewährte Praktiken der EU-Staaten und auch auf die Grundrechte der EU".

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Joseph Daul, hielt sich mit Kritik an seinem Parteifreund Orban zurück. Das ungarische Volk habe Orban mit einem klaren Auftrag gewählt, alle Bande mit der Vergangenheit abzuschneiden und das Land zu reformieren. "Orban wird beweisen, dass auch er zu diesen (europäischen; Anm.) Prinzipien und Werten steht", so Daul. Der neue Vorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda (SPÖ), zeigte sich hingegen enttäuscht. Es gehe um den Geist, den Orban ausstrahle. "Sie wollen Macht über Ungarn ausüben." (red/APA, derStandard.at)