Der Überfallsort im Norden Äthiopiens

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Nahe dem Vulkan Erta Ale gab es immer wieder Überfälle auf Touristen

Foto: APA/JOSEF FRIEDHUBER

Addis Abeba/Wien - Bei einem Überfall auf europäische Touristen in der Nacht auf Dienstag im Nordosten Äthiopiens sind ein Österreicher, zwei Deutsche sowie zwei Ungarn getötet worden. Zwei weitere Mitglieder der 22-köpfigen Reisegruppe, zwei Deutsche sowie zwei äthiopische Begleiter wurden verschleppt, gab der äthiopische Regierungssprecher Bereket Simon bekannt. Ihr Schicksal war am Mittwoch völlig unklar. Weitere Touristen sollen bei dem Überfall verwundet worden sein, der Rest der Gruppe blieb unversehrt.

Identität unklar

Die Identität des Österreichers sei noch nicht geklärt, sagte Ministeriumssprecher Peter Launsky-Tieffenthal. Jedoch könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um einen 56-jährigen Oberösterreicher handelt, der sich als Tourist in dieser Region aufgehalten hat, wie besorgte Verwandte dem Außenministerium mitteilten.

Eine Mitarbeiterin der Botschaft wurde nun mit der Identifizierung des Opfers mittels Foto- und gegebenenfalls mittels Fingerabdruckabgleich beauftragt. Die österreichische Botschaft in Addis Abeba sowie das Bürgerservice des Außenministeriums wird sich laut Launsky-Tieffenthal gegebenenfalls um die Unterstützung der Angehörigen bei der Rückführung der sterblichen Überreste kümmern.

Die äthiopischen Behörden haben inzwischen alle nicht verschleppten Touristen an einem Ort im Norden des Landes zusammengebracht. Von dort wurde der Transport in die Hauptstadt Addis Abeba veranlasst. Dort werde überprüft, ob weitere Österreicher unter den Überfallopfern seien. "Das ist sehr unwahrscheinlich, weil sich bis jetzt keine Angehörigen bei uns gemeldet haben", sagte Launsky-Tieffenthal. Zuvor wurde kolportiert, dass ein weiterer Österreicher der Touristengruppe angehörte.

Deutsche Delegation in Äthiopien

Ob eine österreichische Delegation nach Äthiopien fährt, sei noch nicht geklärt. Deutschland hat Mitarbeiter des Bundeskriminalamts in das Land am Horn von Afrika geschickt, berichtete die dpa. Der für die Tour nach Äthiopien verantwortliche Dresdner Reiseveranstalter "Diamir Erlebnisreisen" hat am Mittwoch den tödlichen Überfall auf seiner Homepage bedauert.

Entführung 2007

Laut Zeitungsberichten aus Äthiopien ereignete sich der Überfall in der Nähe des Vulkans Erta Ale in der Danakil-Wüste. Die Touristengruppe - sie bestand laut Nachrichtenagentur dpa aus Leuten aus Österreich, Deutschland, Ungarn, Belgien und Italien - wollte die Vulkane und Salzseen in der Region besuchen, als sie angegriffen wurden. In der Region waren bereits 2007 vier Briten und eine Französin entführt und nach knapp zwei Wochen unbeschadet gegen Lösegeld wieder freigelassen worden. Auch 2008 gab es mehrere Überfälle auf Touristengruppen.

"Unverantwortlich"

Es sei "unverantwortlich", Touristengruppen in die militärischen Sperrgebiete in der Danakil-Senke im Nordosten Äthiopiens zu bringen, erklärte Horst Seidler, Leiter des Departments für Anthropologie der Universität Wien, am Mittwoch im Gespräch mit der APA. In dem Gebiet, in dem der Überfall auf die Reisegruppe stattgefunden hat, seien immer noch Guerillagruppen aktiv. Bei diesen würden sich politische und kriminelle Ambitionen vermischen. Es sei daher hinreichend bekannt, dass in der Region ein hohes Sicherheitsrisiko bestehe, sagte Seidler, der seit Jahrzehnten in Äthiopien Grabungen durchführt.

Mit der Situation im Rest des Landes sei die Sicherheitslage in der Danakil-Senke aber nicht vergleichbar. Die klassische Touristenroute in den Norden des Landes sei sicher. Ebenso sicher seien Reisen in den Süden. Dort passiere nichts, jährlich würden "Zehntausende geführte Touristenreisen" stattfinden.

"Reisewarnungen ernst nehmen"

Das Außenministerium hat eine partielle Reiswarnung für Äthiopien herausgegeben. Der Eintrag auf der Website ist unverändert gültig seit 7. Dezember des Vorjahres.

Reisewarnungen sollten tunlichst beachtet werden - "weil das Außenministerium in dieser Hinsicht ohnehin eher zögerlich ist", meinte Maria Ecker, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation. Zudem drohen für den Fall, dass das Außenamt aktiv werden muss, Regressansprüche.

Eine solche Möglichkeit wurde vor Jahren nach der Freilassung zweier im Jemen entführter Österreicher festgeschrieben: Sollte sich ein heimischer Tourist im Ausland grob schuldhaft in eine Gefahrenlage begeben, die ein Einschreiten des Staates erfordert, können seither laut "Konsulargebührengesetz" bis zu 20.000 Euro pro Person eingefordert werden.

Von Reisewarnungen profitieren Reisende in der Regel dadurch, dass sie ihnen einen Rücktritt ohne finanzielle Einbußen ermöglichen - falls die Gefahr zum Zeitpunkt der Buchung nicht bestand. Nach einem neuen Erkenntnis des OGH genügen aber auch seriöse Medienberichte als Grundlage für eine Einschätzung des Risikos. (APA)