Bundeskanzler Werner Faymann hält nichts von den Grünen Vorschlägen zu einer Reform der ORF-Gremien. In der Beantwortung des "Dringlichen Antrags" Mittwochnachmittag im Nationalrat räumte er mit Ideen auf, wonach ein öffentlich rechtliche Rundfunk jemals ohne Parteieneinfluss sein könnte: "Dass Parteien gar nichts mehr zu reden haben, das gibt es in ganz Europa nicht", verwies Faymann etwa auf BBC und deutsche Sender.
Wenn nun Interessensverbände etc. die Zusammensetzung des Stiftungsrats entschieden, wie sich das die Grünen vorstellten, würde sich gar nichts ändern, meint der Kanzler. Weil dann würden eben Grüne Wirtschaft, SPÖ- oder ÖVP-Wirtschaftsbund ihre Vertreter dort sitzen haben. Und wenn die Konstruktion der ÖIAG als Vorbild genommen werde, müsse er die Grünen an deren Kritik erinnern, wonach die Staatsholding unter politischem Einfluss stehe und mangelnde Transparenz aufweise.
Ob eine Verkleinerung des Stiftungsrats möglich wäre, ohne dass aufgeschrien werde, habe auch er überlegt, sagte Faymann. Nur seien dann sofort Stimmen laut geworden, dass es offenbar nur darum gehe, die Opposition hinauszubekommen. Diese Probleme gebe es offenbar auch anderswo. Denn in Deutschland sei der Fernsehrat mit 77 Personen besetzt.
Nicht alles so schlecht
Als Zeugen dafür, dass trotz der gegenwärtigen Diskussion nicht alles so schlecht sei, zitierte Faymann just einen der Proponenten der aktuellen Belegschaftsproteste. "ZiB2"-Moderator Armin Wolf habe nämlich in einem "profil"-Interview klar gestellt, dass es in den Redaktionen derzeit ein viel größeres Maß an Freiheit gebe, als er es im ORF jemals erlebt habe.
Mit der Generaldirektoren-Ära vor Alexander Wrabetz setzte sich in der Begründung des "Dringlichen" auch Grünen-Mediensprecher Dieter Brosz auseinander. Denn die "Fehlkonstruktion" des Stiftungsrat sei ja gerade unter Kanzler Wolfgang Schüssel gestaltet worden. Erst seit Wrabetz werde Vielfalt in der Berichterstattung wieder ermöglicht.
So wollte Brosz sichtlich auch die Designierung Niko Pelinkas als Wrabetz-Büroleiter gar nicht in den Mittelpunkt seiner Rede rücken. Vielmehr wurde diese Causa gar nur gestreift, glaubt der Mediensprecher doch heutigen Medienberichten, wonach Pelinkas Wechsel auf den Küniglberg bereits geplatzt sei.
Dafür zählte Brosz noch einmal auf, wer sonst noch jüngst aufgerückt sei, etwa der Tiroler ORF-Direktor Helmut Krieghofer, immerhin früherer ÖVP-Mandatar. Da habe er aus der Volkspartei keinen Aufschrei gehört, tadelte der Grün-Abgeordnete. Und dass Thomas Prantner stellvertretender Technik-Direktor geworden sei, sieht Brosz auch nur in dessen Unterstützung durch FPÖ und BZÖ begründet.
Dass überhaupt mehrere Stiftungsräte - wie eben Krieghofer oder Pelinka - nach der Wahl des Generaldirektors persönliche Karriere gemacht haben bzw. machen sollten, ist für Brosz Beleg dafür, dass es eine Abkühlungsphase brauche, ein direkter Wechsel vom Stiftungsrat ins Unternehmen nicht mehr möglich sein sollte.
SPÖ für Abkühlphase
SPÖ und ÖVP haben sich am Mittwoch im Nationalrat für eine neuerliche Reform der ORF-Gremien ausgesprochen. Konkret plädierte SP-Klubchef Josef Cap für eine "Abkühlphase", die ausschließt, dass Stiftungsräte nahtlos ins Unternehmen wechseln. ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf will überhaupt ein neues ORF-Gesetz, mit dem der Stiftungsrat in einen Aufsichtsrat nach Vorbild einer Aktiengesellschaft umgewandelt werden soll.
Cap plädiert für eine "Corporate Governance-Regelung", mit der ein direkter Wechsel aus dem Stiftungsrat in den ORF ausgeschlossen werden soll ("Abkühlphase"). Einen derartigen Verhaltenskodex hatte zuletzt auch Stiftungsrat Franz Küberl vorgeschlagen. Außerdem plädierte Cap neuerlich für eine dauerhafte Refundierung jener Gebühren, die dem ORF durch die Befreiungen für sozial Bedürftige entgehen. Der Betrag solle jährlich vom Nationalrat festgelegt werden, um die Arbeitsbedingungen der Journalisten zu sichern, so der Klubchef.
Wrabetz "der unfähigste Manager des Landes"
Zurückgewiesen wurde die Forderung nach mehr Geld von der ÖVP. Nötig seien strukturelle Reformen anstatt noch mehr Wasser in das lecke Fass hineinzuschütten, forderte Klubchef Kopf. Außerdem plädierte er für ein neues ORF-Gesetz, in dem der Stiftungsrat nach Vorbild einer AG überarbeitet werden soll. Außerdem wünscht sich Kopf ein Ende der Alleingeschäftsführung im ORF. Den Grünen hielt Kopf ihre Mitverantwortung für die Bestellung von Alexander Wrabetz zum ORF-Generaldirektor vor: "Rot-Grün-Orange waren es, die vor einigen Jahren den Herrn Wrabetz, einen der unfähigsten Manager des Landes, an die Spitze des ORF gesetzt haben."
Für die Grünen bekräftigte Vizeklubchef Werner Kogler neuerlich die Forderung nach einem "Gründungskonvent" für ein auf acht Jahre gewähltes, neues Aufsichtsgremium. Ausscheidende Mitglieder sollten dann nicht mehr von der Politik, sondern von den verbleibenden Mitgliedern nachbesetzt werden.
Auf ihren Einfluss im ORF-Aufsichtsgremium nicht verzichten würde die FPÖ, wie Generalsekretär Harald Vilimsky sagte. "Es kann nicht so sein, dass man hier ein öffentlich-rechtliches Unternehmen hat und dass hier die repräsentative Demokratie nicht mitreden kann", lehnt der FP-Politiker eine Entpolitisierung des Stiftungsrats ab. So lange es die Gebührenfinanzierung gebe, so lange sei die Politik auch "verpflichtet, hier die Interessen ihrer jeweiligen Wähler wahrzunehmen" und etwa darauf zu drängen, dass im ORF nicht nur Soap Operas gespielt würden.
Scharfe Kritik an der SPÖ übte BZÖ-Mandatar Stefan Petzner. Er forderte die Kanzlerpartei auf, die Bestellung von Dietmar Hoscher zum Stiftungsrat zurückzunehmen. Es sei unvereinbar, wenn mit Hoscher nun ein leitender Mitarbeiter Casinos Austria, an denen der ORF eine Beteiligung halte, in das Aufsichtsgremium des Senders einziehe. Das werde "rechtlich nicht haltbar sein", glaubt Petzer. (APA)