Die Mehrwegquote bei Plastikflaschen ist rückläufig.

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Wien - Das Thema Plastikflaschen erhitzt seit Jahren immer wieder die Gemüter. Während die einen den seit den 1990er Jahren massiv gesunkenen Anteil an wiederverwertbaren Getränkeverpackungen monieren und wieder verbindliche Quoten einführen wollen, argumentieren die anderen mit dem Kundenverhalten. Außerdem ist umstritten, ob Glas- und Mehrwegflaschen wirklich umweltschonender sind als Wegwerfflaschen. Eine neue Studie im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stärkt nun Verfechtern des sogenannten Ökobonus-Modells den Rücken. Die freiwilligen Maßnahmen der Getränkewirtschaft seien gescheitert, heißt es darin.

"Die klassische Mehrwegflasche ist Einweg-Getränkeverpackungen nicht nur ökologisch, sondern unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten auch ökonomisch und sozial deutlich überlegen", so die Autoren der Studie, die von PricewaterhouseCoopers (PwC) erarbeitet und am Mittwoch in Wien vorgestellt wurde. Die Vermeidung von Abfällen sei oberster Grundsatz im europäischen und österreichischen Abfallrecht. Der stark angestiegene Anteil von Einweg-Getränkeverpackungen in Österreich stehe dazu im Widerspruch.

Mehrweganteil gesunken

Laut dem aktuellen Umsetzungsbericht zur Nachhaltigkeitsagenda der Österreichischen Getränkewirtschaft ist der Mehrweganteil bei Wasser, Bier, Limonade, Fruchtsaft und Milch seit 2007 von 24,2 auf 18,3 Prozent gesunken, heißt es in den Presseunterlagen. Damit landeten bereits vier von fünf Plastikflaschen im Müll. "Diese Verschwendung von Rohstoffen und Energie bei gleichzeitigem Anwachsen der Müllmenge ist anachronistisch und zeigt deutlich, dass das im Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) festgeschriebene Prinzip der Abfallvermeidung nicht ausreichend umgesetzt wird", so Alfred Brezansky von der Wiener Umweltanwaltschaft.

Statt "freiwilliger, wirkungsloser" Vereinbarungen fordert er daher gesetzlich festgelegte Mehrwegquoten. Wiederverwertbare Flaschen sind laut PwC kosteneffizienter und ökologisch vorteilhafter, via Lenkungsabgabe könnte man diese stärken.

Verbindliche Ziele fehlen

Die österreichische Politik habe im vergangenen Jahrzehnt ausschließlich auf freiwillige Vereinbarungen von Industrie und Handel gesetzt, um Mehrwegflaschen anzubieten. Dass diese wirkungslos seien, zeige sich besonders am Beispiel Mineralwasser: Hier sei der Mehrweganteil seit 2000 von 64,6 auf 16,3 Prozent geschrumpft. "Auch das aktuelle Sozialpartnerabkommen wird daran nichts ändern - es fehlen verbindliche - sanktionierbare Ziele, um die Wahlfreiheit der KonsumentInnen im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel wiederherzustellen", konstatiert Universitätsprofessor Gerhard Vogel von der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien.

Umweltminister Nikolaus Berlakovich hat bereits Anfang 2010 eine Arbeitsgruppe installiert, die ein Bonus/Malus-System ausgearbeitet hat. Konkret sah das sogenannte Ökobonusmodell vor, die Mehrwegquote von 2012 bis 2018 in drei Schritten auf 50 Prozent zu erhöhen. Händler, die zu viele Wegwerfflaschen anbieten, sollten eine Strafe zahlen, Unternehmen, die die Quote übererfüllen, einen Bonus bekommen. Der Vorschlag wurde wegen Widerstands aus der Wirtschaft bis dato nicht umgesetzt, der Ball an die Sozialpartner weitergespielt. Im Sommer 2011 legten diese ein Konzept vor, das wieder auf Freiwilligkeit setzt: Der Handel wurde ersucht, Mehrweggebinde prominenter in den Supermarktregalen zu platzieren und zu bewerben.

Ökobonusmodell

Der Vorstand des Österreichischen Ökologie-Instituts, Christian Pladerer, fordert Berlakovich nun auf, das Ökobonusmodell oder vergleichbare rechtlich verbindende Maßnahmen "endlich" umzusetzen. Zumal Berlakovich im Jahr 2008 in seiner damaligen Funktion als Umweltlandesrat des Burgenlands die Forderung der Landesumweltreferentenkonferenz nach "verbindlichen Rahmenbedingungen für den Erhalt und Ausbau von Mehrwegsystemen" mitbeschlossen habe.

Handel und Industrie hatten sich in der Vergangenheit stets gegen das etwa auch von den Grünen befürwortete Ökobonusmodell ausgesprochen. Argumentiert hatten sie dies unter anderem mit dem hohen administrativen Aufwand und dem Verhalten der Kunden. Diese hätten in den letzten Jahren eben vermehrt zur Plastikflasche gegriffen, weil sie nicht mehr bereit seien, schwere Glasgebinde nach Hause zu schleppen. Lenkungsmaßnahmen seien kontraproduktiv und außerdem ungerechtfertigt. In den 1990er hatte der Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen teils noch über 90 Prozent betragen, bis dato ist er auf etwa ein Fünftel geschrumpft.

Sozialpartner dafür

Für mehr Mehrweg spricht sich auch die Arbeiterkammer aus, allerdings setzt sie dabei auf Freiwilligkeit. Der Handel solle wiederverwertbare Flaschen "ansprechend" präsentieren, darüber hinaus solle das Umweltministerium mittels PR-Kampagne das Image von Mehrweggebinden aufpolieren.

Auch die Wirtschaft "steht voll hinter diesem Paket und setzt konkrete Schritte, um den Rückgang der Mehrwegquote zu stoppen", bekräftigte Wirtschaftskammer-Umweltexperte Stephan Schwarzer. Mit dem Sozialpartnervorschlag bleibe auch die Wahlfreiheit des Kunden erhalten. Eine gesetzliche verbindliche Quote oder gar Sanktionen lehnen Handel und Getränkewirtschaft ab. Schwarzer: "Lösungsansätze, die zu einer finanziellen Belastung des Konsumenten und zu hohem administrativem Aufwand führen", seien "nicht praktikabel". (APA)