Wien - Wie im Vorjahr gibt es in Österreich auch 2012 keine "Kreditklemme" für Unternehmen, sagt Erste-Bank-Vorstand Thomas Uher. Neben den klassischen Bank-Finanzierungen müssten für Firmen aber zusätzliche Geldschienen aufgetan werden, forderte er am Mittwoch. Weil Auslandsbanken in Österreich zuletzt deutlich weniger Kredite vergaben, müssen hier die heimischen Institute vermehrt einspringen.

Mehr Firmen sollten sich mit Corporate Bonds, inklusive Mittelstands- und Branchen-Bonds, direkt an den Kapitalmarkt wenden. Für die nicht kapitalmarktfähigen Unternehmen sollten neben Hypothekar- und Kommunalpfandbriefe als dritte Kategorie auch Unternehmenspfandbriefe eingeführt werden. Ferner sollte das Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz (ULSG) reaktiviert werden. Zudem sollte mehr Mezzanin-Kapital vergeben werden. Und schließlich müssten die Spielregeln für KMU-Kredite verbessert werden.

Bei den Kredit-Regeln für Klein- und Mittelbetriebe gehe es etwa um den sogenannten "Balancing Factor" im Zusammenhang mit den Basel-III-Verschärfungen, auf den auch das Papier des EP-Berichterstatters zu dem Thema, Othmar Karas, Bezug nehme. Es fehle aber hier und auch im Papier der dänischen Ratspräsidentschaft noch die erforderliche Anhebung der Kreditgrenzen von 1 auf 2 Mio. Euro, damit solche Darlehen wie Retail-Kredite behandelt werden können. Hier sei Eile geboten, sagt Uher, denn bis Mitte dieses Jahres solle das ab Anfang 2013 geltende Basel-III-Regime "stehen".

Über das "Regulatorische" müsse er als Banker natürlich "raunzen", meinte Uher im Klub der Wirtschaftspublizisten. Er kritisierte insbesondere die inhaltlichen Verschärfungen durch Basel III, aber auch die Tatsache, dass die Finanzmarktaufsicht (FMA) noch einmal "nachgedoppelt" habe, indem sie erklärt habe, das neue Regelwerk gelte ab 1.1.2013 ohne Übergangsfrist; darunter leide die Branche. Da Großbanken in Europa laut europäischer Bankenaufsicht EBA schon bis Ende Juni d.J. ein hartes Kernkapital von 9 Prozent aufweisen müssen, bräuchten die heimischen Großinstitute kurzfristig 4 Mrd. Euro und mittelfristig 10 bis 13 Mrd., erinnerte Uher an OeNB-Zahlen.

Basel III habe bereits 2011 Konsequenzen gezeigt, und das werde sich 2012 fortsetzen. Schon im Vorjahr hätten Auslandsbanken bereits ihre Finanzierungen in Österreich reduziert, heuer sei hier nochmals mit 3 bis 4 Mrd. Euro Rückgang zu rechnen. Das bedeute im Gegenzug aber, dass die übrigen Geldinstitute 2012 nicht nur die durch ein nominelles BIP-Wachstum von 3 Prozent erwartbaren 6 Mrd. Euro an Krediten finanzieren müssten, sondern bis zu 10 Mrd. Euro, so Uher. Selbst wenn 1 1/2 Mrd. Euro über Bonds aufgebracht werden, müssten die Banken 2012 noch immer 8 bis 8 1/2 Mrd. finanzieren - "das wird nicht einfach". Obwohl die Kreditnachfrage seit 2011 deutlich langsamer wache, seien eben zusätzliche Instrumente nötig.

Auch bei Großprojekt-Finanzierungen sieht Uher keine wirkliche Kreditklemme, wie sie immer wieder von namhaften großen, selbst börsenotierten Unternehmen in Österreich, aber auch Deutschland beklagt wird. Bei Großvorhaben seien eher die langen Laufzeiten von 20 oder 25 Jahren eine Herausforderung. Auf so lange Sicht sei einfach die Liquiditätssituation unklar, da sei dann eventuell mehr Eigenkapital nötig, auch im Zusammenhang mit Basel III, so Uher.

Der Erste Bank selbst sei es gelungen, im Kommerzkundengeschäft doppelt so stark zu wachsen wie der Markt, wie man das vor einem Jahr angekündigt habe. In der bisher vorliegenden 12-Monats-Periode hätten Erste und Sparkassen hier 5 Prozent Zuwachs erzielt, der Markt knapp 2,4 Prozent, sagte Uher. Damit habe man den Marktanteil von 16 auf 17 Prozent erhöht, 2007 seien es 14 Prozent gewesen.

Kreditnehmer müssten mit teureren Krediten rechnen, insgesamt würden die Zinsen aber niedrig bleiben, und es werde auch keine nennenswerte Inflation geben, umriss Uher die nächsten zwei, drei Jahre. Der Einlagen-Wettbewerb zwischen den Banken sei im zunehmen begriffen, mit Konditionen auch über den Interbanken-Sätzen, was zu Lasten der Margen für die Banken gehe. Im Gegenzug könnten die Institute aber auf der Kreditseite ihre Margenvorstellungen leichter durchbringen, sagte Uher, der im Vorstand der "Ersten" für die Sparkassen und den Bankbetrieb in Österreich zuständig ist. (APA)