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Viele Initiativen schützen die Landschaft des Neusiedler Sees. Experten orten in der Verwaltung Einsparungspotenzial

Foto: APA/Pfarrhofer

Illmitz - Eine Bohrinsel im Neusiedler See zu errichten wäre derzeit ein Ding der Unmöglichkeit - auch wenn tausende Meter unter dem zweitgrößten Steppensee Europas einmal ein Ölvorkommen gefunden werden sollte. Das Gebiet im Burgenland ist durch verschiedenste Initiativen geschützt wie kaum ein zweiter Flecken in Österreich. Teile des Sees sowie umliegende Areale sind in unterschiedlichem Ausmaß als Naturschutzfläche, Nationalpark, Unesco-Welterbe, Quellschongebiet, biogenetisches Reservat sowie durch das Natura-2000-Netzwerk der Europäischen Union und der Ramsar-Konvention der Vereinten Nationen geschützt.

1977 wurde der See außerdem von der Unesco mit der Auszeichnung "Biosphärenpark" bedacht. Dieses Label, das nachhaltige Bemühungen prämiert, könnte aber aberkannt werden. Im Zuge der Neuausrichtung der Biosphärenparks müssen neue Kriterien (Sevilla-Strategie) erfüllt werden. So soll der Schutz der biologischen Vielfalt nicht mehr isoliert von den Bedürfnissen der Menschen gesehen werden - was auch Auswirkungen auf die Größe von bisherigen Biosphärenparks hat.

"Sanierungsfall"

Bisher fühlte sich die für den Naturschutz zuständige Landespolitik nicht bemüßigt, diese Richtlinien umzusetzen. "Der Biosphärenpark Neusiedler See ist ein Sanierungsfall" , sagt Ökologe Georg Grabherr. "Von den Politikern ist aber kein besonderes Interesse erkennbar. Sie glauben, das Gebiet ist auch so genug geschützt."

Der Wiener Universitätsprofessor ist Vorsitzender des Nationalkomitees des Unesco-Projekts Man & Biosphere, das über eine mögliche Aberkennung entscheidet. Sechs Biosphärenparks gibt es in Österreich, darunter mit dem Großen Walsertal in Vorarlberg und dem Wienerwald nur zwei Gebiete, die auch die Sevilla-Strategie erfüllen. Wieso dieses Upgrade auch der Neusiedler See mit seiner einzigartigen Flora und Fauna anstreben sollte, liegt für Grabherr auf der Hand: "Mit der Auszeichnung tun sich Gebiete leichter beim Ansuchen für Fördermittel. Außerdem stellt man sicher, dass im großräumigen Gebiet keine riesigen Hochhäuser gebaut werden können."

Studie und Schublade

Für die Erarbeitung des neuen Parks entsprechend den Unesco-Vorgaben zeichnet Thomas Wrbka von der Uni Wien verantwortlich. Zwei Studien hat der Naturschutzbiologe darüber verfasst, die aktuellste wurde Ende November in Illmitz präsentiert. "Jetzt hoffe ich, dass die Arbeit nicht in der Schublade liegenbleibt."

Die Studie empfiehlt, den bestehenden Biosphärenpark, der mit 25.000 Hektar nur den Schilfgürtel und die Seefläche umfasst, auf 81.200 Hektar zu vergrößern. Das neue Modell zählt auch bewohnte Gebiete bis hin zum Leithagebirge und zu den Abhängen der Parndorfer Platte zum neuen Park.

"Die Voraussetzung dafür ist trotz eines wirtschaftlich dynamischenRaumes samt Städten, der Autobahn und dem Tourismus gegeben" , sagt Wrbka. "Nachhaltigkeit ist auch hier möglich. Es geht ja nicht um einen Käseglocken-Naturschutz, wo der Mensch einfach ausgeblendet wird."

Zudem könnte der Biosphärenpark, der alle anderen Naturschutz-Initiativen flächenmäßig einschließt, als Koordinationsstelle dienen. In der Verwaltung sieht Wrbka Einsparungspotenzial. "Man könnte mehrere Büros zusammenlegen." Sollte der Neusiedler See die Auszeichnung Biosphärenpark verlieren, wäre das "eine Kulturschande" .

Der für den Umweltschutz zuständige burgenländische Agrarlandesrat Andreas Liegenfeld (VP) wollte dem Standard gegenüber keine Stellungnahme abgeben. Sein Büro verwies darauf, dass es in Bezug auf den Park "keine endgültige Entscheidung" gibt. Die Auszeichnung Nationalpark sei höchstes Gut, es sei fraglich, ob ein Biosphärenpark "notwendig ist" . Der Nationalpark umfasst nur 9700 Hektar und wird 2012 nach einer Aufstockung um 150.000 Euro von Bund und Land mit je 2,5 Millionen Euro gefördert. (David Krutzler, DER STANDARD Printausgabe, 19.1.2012)