STANDARD: Angesichts der Turbulenzen im ORF dürften Sie mit Händereiben gar nicht fertig werden?
Breitenecker: Ich bitte um Verständnis, dass ich zu internen Büroangelegenheiten des ORF nicht Stellung nehmen möchte.
STANDARD: Als Mitbewerber wird Sie das Tun am Küniglberg aber nicht kaltlassen?
Breitenecker: Besser als der ORF-interne Protest kann man es nicht sagen. Ich will dazu aber wirklich nichts sagen. Wir können gerne über das Thema Unabhängigkeit der ORF-Programme reden, aber nicht anlassbezogen.
STANDARD: Dann reden wir über Unabhängigkeit.
Breitenecker: Da stellt sich die Frage, worin sich staatliches von öffentlich-rechtlichem Fernsehen unterscheidet. Letzteres sollte politisch und wirtschaftlich unabhängig sein. Daher unsere berechtigte Forderung, dass der ORF partei- und werbefrei sein soll. Ein Verfahren zur Ununterscheidbarkeit zwischen öffentlich-rechtlich und privat läuft. Was ist zu erwarten? Das Gesetz fordert einen Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichen und Privat-TV Wir sehen aber diesen Unterschied nicht. Wenn im ORF in der Primetime Pornoqueens auftreten: Wo ist dann der Unterschied? Was sollen die Privaten dann machen?
STANDARD: Im Moment sieht es nicht danach aus. Haben Privatsender überhaupt noch Verbündete in der Politik?
Breitenecker: Gute Frage, die Antwort ist: nein. Unser einziger medienpolitischer Rückhalt sind die Zuschauer, die sukzessive vom öffentlich-rechtlichen zu uns Privaten wandern. Dadurch bekommen wir Gewicht. Die Politik ist zum größten Teil nach wie vor ORF-konzentriert.
STANDARD: Wieso gelingt es so wenig, die Politik für Privatwirtschaft zu begeistern?
Breitenecker: Nur wenn sich eine Partei vom ORF besonders schlecht behandelt fühlt, werden taktische Aussagen - nicht Handlungen - im Sinne der Privaten gemacht.
STANDARD: Zu Puls 4: Sind Sie nach vier Jahren mit dem Image des Senders zufrieden?
Breitenecker: Wir werden bei den Menschen als viertes österreichisches Vollprogramm wahrgenommen, haben aber noch keine klare Zuordnung zu einer bestimmten Zielgruppe. Wir arbeiten also auch weiterhin daran, unser Markenziel zu erreichen: ein junges, urbanes, weibliches, österreichisches Vollprogramm.
STANDARD: Ein "Topmodel" wirft Puls 4 Knebelverträge vor: imageschädigend oder -fördernd?
Breitenecker: Es gibt keine Knebelverträge. Es freut uns, dass es Berichterstattung gibt, und Gossip-Skandälchen sind willkommen. Wir können versichern, dass alles, was in dem Format passiert, echt ist - es gibt kein Skript, nach dem die Models reden müssen.
STANDARD: Programmhöhepunkte?
Breitenecker: Als erster österreichischer Privatsender steigen wir mit dem Kinofilm Body Complete und der TV-Komödie Unter Umständen verliebt in die Produktion ein. Nach Austria's next Topmodel beginnt Millionär sucht Frau. Mit der Champions League haben wir die Königsklasse des Fußballs.
STANDARD: Ihr Marktanteilsziel?
Breitenecker: Vier Prozent sind das mittelfristige Ziel. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 19.1.2012)