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Angesichts des Schiffsunglücks vor der italienischen Küste mehren sich die Stornierungen. Die über lange Zeit erfolgsverwöhnte Branche steht unter Schock.

Foto: Reuters/Max Rossi

Mailand - Die Havarie des italienischen Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia vor der Isola del Giglio hat nicht nur einen enormen Image-Schaden für Italien im Allgemeinen und die Kreuzschifffahrt im Besonderen bewirkt. Die jahrelange Erfolgsserie der Costa Crociere aus Genua scheint, zumindest vorübergehend, beendet.

Bei Costa selbst berichtet man bereits über zahlreiche Stornierungen. Da das Unglücksschiff Costa Concordia nicht so schnell wieder in See stechen wird, sind für heuer massive Umsatzeinbrüche bei Costa Crociere und ihrer US-Mutter Carnival vorgesehen. Der allein durch das geborstene Schiff verursachte Umsatzausfall wird mit 100 Millionen Dollar kalkuliert. Die Aktien der auch in London notierten Carnival brachen an der Börse zweistellig ein.

Zweistellige Wachstumsraten

Costa Crociere hatte 2010 nach eigenen Angaben einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro erzielt. Die Flotte besteht derzeit aus 14 Schiffen und soll bis 2016 um weitere zwei Luxuskreuzer erweitert werden. Die zweistelligen Zuwachsraten, welche die italienische Kreuzschifffahrt mit jährlich rund einer Million Passagieren seit der Jahrtausendwende erlebt, dürften vorerst der Vergangenheit angehören. In Italien liegt der Anteil der Kreuzschifffahrttouristen derzeit bei 1,5 Prozent der Bevölkerung, in Großbritannien sind es drei Prozent und in den USA sogar fünf Prozent.

Für Italiens Fremdenverkehr ist die Havarie der Costa Concordia ein Bremsklotz. Denn bei generell rückläufigen Einnahmen aus dem Tourismus in den Jahren 2010 und 2011 gab es in Italien nur wenige Marktnischen, die weiterhin boomten. Dazu gehörten neben den Pilgerreisen auch der Wein- und Kreuzschifffahrttourismus. Der Umsatz des Geschäftes rund um die Luxusliner wird für 2011 auf knapp fünf Milliarden Euro geschätzt. Nun befürchten Experten einen Einbruch. Zumindest in Italien. In anderen europäischen Ländern, wie etwa in Deutschland, zeigt man sich dazu optimistischer. Das deutsche Reisebuchungsportal www.ab-in-den-urlaub.de etwa, das neben Millionen Pauschalreisen von insgesamt 75 Reiseveranstaltern auch tausende Kreuzfahrten weltweit vermittelt, hält die Stornierungsgefahr derzeit für nicht akut.

Bei den Versicherungsunternehmen zeigt man sich vorsichtig. Sie gehen davon aus, dass der Schaden gut eine halbe Milliarde Euro ausmachen werde. Richtig teuer kann es noch werden, falls das Bunkeröl nicht rechtzeitig abgepumpt wird und das auf einer Klippe liegende Schiff in einem Sturm auseinanderbricht.

Die Reederei Costa Crociere hat die Costa Concordia mit einem Selbstbehalt von 30 Millionen Dollar bei den Versicherern Generali, RSA Insurance Group und XL Group versichert. Generali meint, dass nur das Schiff selbst, nicht aber die Passagiere beim Triestiner Assekuranzunternehmen versichert waren und sich der Schaden für das Unternehmen in Grenzen halte.

Costa Crociere kündigte Entschädigungsleistungen für die Passagiere an. Der Versicherer Lloyd's of London beziffert diese Summe mit knapp über hundert Millionen Euro. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 19.1.2012)