
ORF-Direktor Alexander Wrabetz und sein Wunsch-Büroleiter Niko Pelinka demonstrieren ihre Verbundenheit, beruflich dürften sie in Zukunft aber dennoch getrennte Wege gehen.
Wien - ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz dürfte seinen Wunschkandidaten Niko Pelinka doch nicht zum Büroleiter machen. Am Mittwoch kursierten Gerüchte, wonach Pelinka ein "besseres" Angebot als den ORF-Job annehmen könnte. Wrabetz selbst hatte eine entsprechende Andeutung fallen gelassen und eine Erklärung in dieser Causa für Donnerstag angekündigt.
Pelinka selbst habe am Mittwoch noch einen Vertrag unterschriftsfertig unter Dach und Fach bringen müssen, hieß es. Seine neue berufliche Orientierung könnte ihn ins Ausland führen.
Die Causa Pelinka hatte in den vergangenen Wochen nicht nur innerhalb des ORF zu einer Protestbewegung unter den Redakteuren geführt, sondern schließlich auch den Nationalrat erreicht. Im Parlament brachten die Grünen eine dringliche Anfrage ein, in der sie die Entpolitisierung des ORF-Stiftungsrats verlangen.
Begründet wurde der Antrag mit einer allgemeinen Fehlkonstruktion der ORF-Gremien. Der Mediensprecher Dieter Brosz schreibt im Antrag, das Problem habe wenig mit den aktuell gerade handelnden Personen zu tun, sondern liege an der Struktur der Entscheidungsfindung, "die dem ORF durch die Politik in Form des ORF-Gesetzes auferlegt wird" .
Parteipolitische Einflussnahme sei "der Kern der Konstruktion" . Das ORF-Gesetz sichere der jeweiligen Bundesregierung eine strukturelle Mehrheit in allen Gremien. Daher sei der Generaldirektor nicht nur bei seiner Wahl, sondern auch bei Postenbesetzungen auf die Zustimmung von Parteien angewiesen.
Nach Vorstellungen der Grünen sollen künftig zehn Stiftungsräte gewählt werden, die maximal acht Jahre im Amt bleiben könnten. Die jeweiligen Nachfolger würden vom Gremium selbst bestimmt. Den gewählten Mitgliedern des Stiftungsrates würde man per Gesetz untersagen, während ihrer Funktionsperiode in Geschäftsbeziehungen zum ORF zu treten.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) war von den Vorschlägen nicht überzeugt. In seiner Rede räumte er mit Ideen auf, wonach ein öffentlich- rechtliche Rundfunk je ohne Parteieneinfluss sein könnte: "Dass Parteien gar nichts mehr zu reden haben, das gibt es in ganz Europa nicht" , verwies Faymann etwa auf BBC und deutsche Sender.
Wenn nun Interessenverbände et cetera die Zusammensetzung des Stiftungsrats entschieden, wie sich das die Grünen vorstellten, würde sich gar nichts ändern, führte der Kanzler aus. Weil dann würden eben Grüne Wirtschaft, eine SPÖ-Organisation oder der ÖVP-Wirtschaftsbund ihre Vertreter dort sitzen haben.
Als Zeugen dafür, dass trotz der gegenwärtigen Diskussion nicht alles so schlecht sei, zitierte Faymann ausgerechnet einen der Proponenten der aktuellen Belegschaftsproteste. Der Moderator der Zeit im Bild 2, Armin Wolf, habe in einem Interview klargestellt, dass es in den Redaktionen derzeit ein viel größeres Maß an Freiheit gebe, als er es im ORF jemals erlebt habe.
SPÖ-Klubchef Josef Cap plädierte für eine "Abkühlphase" , die ausschließt, dass Stiftungsräte nahtlos ins Unternehmen wechseln. Außerdem plädierte Cap für eine dauerhafte Refundierung jener Gebühren, die dem ORF durch die Befreiungen für sozial Bedürftige entgehen. Der Betrag solle jährlich vom Nationalrat festgelegt werden, um die Arbeitsbedingungen der Journalisten zu sichern, sagte Cap.
Unmut erzeugten neben der Causa Pelinka weitere politisch beeinflusste Postenvergaben:
- Robert Ziegler Den Job des Bundesländerkoordinators wurde eigens für den schwarzen Betriebsrat (und Stiftungsrat) geschaffen. Die Medienbehörde KommAustria verurteilte Ziegler erst diese Woche. Er ordnete per Rundmail an, den norwegischen Attentäter Anders Breivik nicht als "christlichen Fundamentalisten" zu bezeichnen, sondern als "religiösen Fanatiker" oder vor allem als "Rechtsextremisten" .
- Thomas Prantner Der Job des technischen Vizedirektors wurde ebenfalls geschaffen und war Bedingung für blaue Stimmen zu Wrabetz' Wahl.
- Helmut Krieghofer Der ehemalige ÖVP-Landesgeschäftsführer ist seit 1. Jänner Landesdirektor im ORF Tirol.
- Michael Götzhaber Der rote Technik-Betriebsrat (und Stiftungsrat) Michael Götzhaber wurde zum Technischen Direktor bestellt.
Ziegler gilt durch die Verurteilung der KommAustria ORF-intern inzwischen als untragbar. Die Bestellung von Thomas Prantner dürfte der Betriebsrat verhindern. Dass Götzhaber und Krieghofer ihre Posten zurücklegen müssen, wird als eher unwahrscheinlich eingeschätzt.
Das ist auch den Redakteuren bewusst, die mit der Abbestellung Pelinkas, Zieglers und Prantners Frieden am Küniglberg einkehren ließen. Der Rückzug käme zum richtigen Zeitpunkt. Die Proteste der ORF-Journalisten werden immer lauter - und stoßen auf großes öffentliches Interesse.
Das Video der ZiB-Redakteure legt weiterhin einen Höhenflug hin: 400.000 griffen auf den Zweiminüter seit Montag zu. In der News-Rangliste von Youtube ergab das weltweit Platz vier. "Das hätte ich mir nicht träumen lassen" , sagt Redakteurssprecher Dieter Bornemann. (nik, prie, DER STANDARD; Printausgabe, 19.1.2012)