Der Kapitän eines Luxus-Kreuzfahrtschiffes hat so zu sein: ein Halbgott in Weiß oder Marineblau und Gold, gerne auch weißhaarig und weißbärtig (aber irgendwie doch noch attraktiv für die lustigen Witwen an Bord), vor allem von geradezu olympischer Ruhe und Autorität, kompetent in jeder Situation, ob es nun um den Angriff von somalischen Piraten oder Eheprobleme bei Passagieren geht. Das ist die Traumschiff-Formel, die aber offenbar wenig zu tun hat mit der Realität des Kapitäns der Costa Concordia, wie wir sie jetzt aus den Aufzeichnungen des Funkverkehrs während des Unglücks erkennen müssen:

Küstenwache: "Hören Sie, Schettino, vielleicht haben Sie sich selbst gerettet, aber verdammt noch mal, gehen Sie zurück an Bord ... und sagen Sie mir, wie viele Menschen da sind und welche Hilfe sie brauchen!"

Kapitän: "Ich bin in einem Rettungsboot, um die Rettung zu koordinieren ..."

Küstenwache: "Was koordinieren Sie da? Koordinieren Sie die Rettung von Bord aus! Das ist ein Befehl! Da gibt es für Sie nichts zu überlegen!"

Kreuzfahrten erleben einen Superboom. Die vielen Riesenschiffe mit den tausenden Passagieren (die ganz wenigen Großreederein gehören) - leiden die möglicherweise an einem Mangel an kompetentem Personal? Die Preise sind gesunken, aber wird dann auch noch genug in die Sicherheit investiert? (DER STANDARD Printausgabe, 19.1.2012)