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Bathsheba ist ein beliebter Platz für Surfer und für die Bajans, die sich hier gerne ihre Wochenende verbringen.

Foto:Barbados Tourism Authority/AP/dapd

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Die kettensprengende Statue des historischen Sklavenführers Bussa.

Foto: AP Photo/Stacey Benedict

Anreise: Zweimal pro Woche Direktflug Frankfurt-Barbados mit www.condor.de. Alternative: Wien-Barbados mit www.britishairways.com (Umsteigen in London).

Unterkunft: www.almondresorts.co.uk - insgesamt vier Resorts mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis.

Info: www.visitbarbados.co/de/

Grafik: DER STANDARD

Auch Eisenvögel haben ein Recht auf Ruhestand, der Alltag war Hetze genug: London-Barbados und retour, Tag für Tag derselbe Arbeitsweg. Dazwischen die Schallmauer, die es jeweils zu durchbrechen galt. Aber irgendwann, genauer 2003, wurde der British Airways Concorde G-BOAE der rostige Handshake angeboten. Zumindest jenem Modell, das da ein letztes Mal von Barbados' Grantley Adams Airport rollte: Tropenpension ohne Abschläge, mildes Karibikklima auf Lebenszeit, technisch versiertes Pflegepersonal zum Ölen und Nachziehen etwaiger lockerer Schrauben, interessierte Gäste aus aller Welt. Das klang auch für einen Star der Jetset-Szene nicht schlecht.

Auch die Rhythmen, die soeben aus dem Alters-Hangar tönen, der die Concorde seit nunmehr fünf Jahren schützt und in dem Technik-Freaks wenige Schritte neben Barbados' Airport in den legendären Jet klettern, klingen nicht schlecht. Eher klingen sie nach dem DJ, der den Hangar des "Barbados Concorde Experience" für diesen Abend kurzfristig in eine Party-Location verwandelt, die Gäste des Barbados Food & Rum Festivals beschallt. Und das bedeutet: Rum-Punsch neben meterhohen Zwillingsreifen, Jakobsmuscheln am schmalen Aluminiumbauch, Dolphin-Tikka unter eleganten Tragflächen. Später Abheben am Disco-Terminal, so wie es sich für Barbados gehört. Sind die 280.000 Bajans, wie sich die Bewohner der balsamischen Insel selbst nennen, doch auf chronische Feierlaune stolz.

Als die Concorde das letzte Mal einparkte, hatte "Os Barbados", die von Portugiesen nach bärtigen Feigenbäumen benannte Karibikinsel, keine vier Jahrzehnte Unabhängigkeit auf dem flachen, grünen Buckel - aber sehr viel Kontinuität. Die fortgesetzten Streitigkeiten, die Franzosen und Briten am benachbarten Inselbogen der Kleinen Antillen umtrieb, waren hier kein Thema. 340 Jahre ununterbrochene britische Herrschaft, die älteste Rum-Distillery der Karibik, anglikanische Kirchen als Idealkulisse für unerhörte Damenhüte, eine ungebrochene Leidenschaft für Cricket und Afternoon-Tea samt dicker Fliegender-Fisch-Sandwiches, die hier einfach "Cutters" heißen - all das beschert Barbados bis heute den Ruf, die "britischste" aller Karibikinseln zu sein.

Wunschpunsch

Auch wenn der sonntägliche "Souse & Pudding" Tage später ganz anders serviert wird, als man es sich eigentlich erwartet hätte: Viel Schweinebauch und Brotfrucht-Püree knallt die Dame aufs bunte Plastiktischtuch, so forsch, dass man automatisch brav isst. Gut, dass man dann bereits die Karibik genossen hat. Und natürlich den berühmten Punsch: ein Teil grüne Limone, ein Teil Zuckersirup, ein Teil Rum, ein Teil Eis. Wer am Boden der ersten Gläser und am Grund der Insel angelangt ist, weiß: Genauso schmeckt im Idealfall Barbados.

Kreisverkehr

Rollt man am ABC Highway auf die Hauptstadt Bridgetown zu und passiert dabei die kettensprengende Statue des historischen Sklavenführers Bussa, hat man von solchen Nuancen in der Regel noch keine Ahnung. Selbst wo Bridgetown beginnt und wo das Umland endet, lässt sich jetzt eher nur vermuten. Mexican Salsa, Brazil Grill, Condo 2 rent zwischen historischen Holzhaus-Relikten in Pastell, dazu das Kreiselspiel der vielen Roundabouts, die Unbedarfte in ein labyrinthisches Netzwerk zahlloser Sträßchen schicken - der dichtbesiedelte Südwesten der Insel legt das Tropenparadies wie eine Shoppingmall an.

Klar: Auch historische Flecken konzentrieren sich inmitten dieser kalifornisierten Karibik-Version. Da wäre etwa Garrison: alte Pferderennbahn und Polo-Club, Fort und rot-weiß gestreifter Leuchtturm, das George-Washington- Haus, in dem der pubertäre Präsident in spe seine einzigen Nächte außerhalb der USA verbrachte, ferner das im alten Militärgefängnis untergebrachte Barbados Museum mit historischen Urkunden und ebenso zerschlissenen Cricket-Uniformen, mit präkolumbischen Artefakten und schwerem viktorianischem Dentisten-Gerät. Von schmerzvollen Geschäftsbüchern in Sachen Sklavenhandel gar nicht erst zu reden. Und da wären zahlreiche Strände, die sich wie türkise Fata Morganas vor den kleingekauten Häuserbrei schieben, was grundsympathische Züge hat, schon gar an der weiter westlich gelegenen, exklusiven "Platinum Coast", wo sich Strandresorts und Seafood-Restaurants abwechseln. Mal ohne, mal mit "SIR!!!"-Scharfmacherei am Security-Gate, das sich mittels alternativer Zugänge entlang schmaler Sandwege trotz allem ausbremsen lässt - weil Strände auf Barbados unveräußerbares Volksvermögen sind und kein Hoheitsgebiet der Hotellerie. All das verrät: Barbados ist eine Insel für den zweiten Blick - nicht nur im hauptstädtischen Bridgetown, wo sich vermeintliche Lagerschuppen als urige Impromptu-Hummer-Buden outen können (Restaurant "Lobster Alive") und schräge Pferdewetten-Bars mitunter mehr Lokalkolorit und Dusel exhalieren als einem nach Mitternacht vielleicht lieb ist (Empfehlung zur Einstimmung: Lightnin' Hopkins Goin' To Dallas To See My Pony Run).

Lässt man die pastellfarbenen Fassaden und zertrampelten Wettscheine rund um Bridgetowns zentrale Careenage-Mündung hinter sich und dann die letzten Rum-Tastings-Schlückchen in der vorstädtischen Mount Gay Distillery - hier wird seit 1703 der älteste Rum der Karibik gebrannt - und umkurvt man später die grünen Wellen des exklusiven Sandy Lane Golf Course, kann es mit der Schönheit der Insel Schlag auf Schlag gehen. Das übliche Karibik-Ensemble aus mittigem Vulkan plus großblättrigem Grünzeug an den Flanken stellt sich im flachen Barbados zwar nicht ein. Aber immerhin Zuckerrohr-Irrgärten, zwischen die sich Orchideen- und Botanische Gärten und grandiose Plantagenhäuser mit fixem Lunch-Menü schieben. Ferner urige Fischerdörfer wie Speightstown und ganz im Norden der wellige Scotland District - mühelos Barbados' schönste Ecke.

Wir empfehlen: Hinter dem Kaff Mile-and-a-Quarter, und gleich neben der Schau-Rum-Brennerei St. Nicholas' Abbey (niederländische Dachgiebel anno 1650!), durch die Mahagoni-Wäldchen-Röhre vor Cherry Tree Hill schauen. Denn dann weitet sich der Blick auf die plötzlich ganz einsame, wilde Atlantikküste mit windigen Sandstränden hinter Marschen und mit zackigen Klippen am Ende steil verlaufender Stichstraßen. Die beste davon führt nach Bathsheba, dem Heritage-Kaff zwischen Cattlewash-Beach und dem Meerestosen des "Soup Bowl": Hier sammeln Rastas Schneckengehäuse für Touristenkettchen, und Surfer Schaumkronen plus Adrenalin. (Robert Haidinger/DER STANDARD/Rondo/20.01.2012)