Wien - "Wos woa mei Leistung" - diese Frage beschäftigt die Staatsanwaltschaft nicht nur beim Ex-FPÖ-Spitzenpolitiker Walter Meischberger, sondern auch bei der millionenschweren Beratungstätigkeit des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly für die Telekom Austria. Wie das Nachrichtenmagazin "Format" am Donnerstag vorab berichtet, hat Mensdorff-Pouilly vor den Ermittlungsbehörden nicht erklären können, welche Unternehmen er für die Telekom Austria auf eine mögliche Übernahme geprüft hat. Die Unterlagen über seine 2000 Stunden Arbeit habe er vernichtet, nachdem seine Beratung im Herbst 2008 nicht mehr gefragt gewesen sei. Dokumente habe er der Telekom zuvor nicht übergeben. Für die knapp fünfmonatige Suche nach Übernahmekandidaten soll der Lobbyist der teilstaatlichen Telekom 1,1 Mio. Euro verrechnet haben.

Mensdorff steht wegen der - noch immer nicht flächendeckend umgesetzten - Umstellung auf den Behördenfunk Tetron im Visier der Ermittler. Während Mensdorff selber bestreitet, hier jemals Aufträge erhalten zu haben, sollen von Motorola über Umwege mehr als zwei Mio. Euro bei dem Lobbyisten gelandet sein. Dies würden Ermittlungen aus den USA und Österreich nahelegen, so das "Format". Für die 1,1-Mio.-Euro-Zahlung der Telekom Austria kann Mensdorff keine Unterlagen über seine Arbeit vorlegen. Die Ermittler hegen nun den Verdacht, dass es dabei in Wahrheit um Zahlungen im Umfeld des Behördenfunks gegangen sein könnte, heißt es. Bei der Telekom Austria konnten jedenfalls keinerlei Gegenleistungen für den Millionenbetrag gefunden werden. Daher wurde auch dieser Fall vom Unternehmen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Weil nicht alles versteuert worden sein soll, drohe Mensdorff nun auch ein Finanzstrafverfahren, so der Bericht.

Tetron-Vergabe

Die Vergabe von Tetron wurde unter dem ehemaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser durchgeführt, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen vermuteter Schmiergelder während seiner Tätigkeit als EU-Abgeordneter ermittelt. Sowohl Strasser als auch Mensdorff-Pouilly haben stets sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen. Laut "Format" hat das ÖVP-geführte Innenministerium bisher die Ermittlungsergebnisse zu der Blaulichtfunk-Causa als "Staatsgeheimnis" behandelt - zum Schutz von Mensdorff-Pouilly, Ehemann von Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, wie das Nachrichtenmagazin schreibt.

Das "Format" bringt auch neue Details zur Vernetzung des Tetron-Konsortialpartners Alcatel und dessen Österreich-Chef, ÖVP-Bundesrat Harald Himmer. Demnach wurden bei einer Hausdurchsuchung bei der Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger auch Rechnungen an die Alcatel-Lucent sichergestellt. Im Juni 2008 stellte Valora etwa die erste Rechnung an Alcatel aus (Titel: "Investitionsklima Festnetzbereich"). "Eine weitere Ausgangsrechnung", so steht es dem Magazin zufolge im Polizeibericht, "enthält die gleiche Rechnungssumme von 117.600 Euro." Adressiert ist die Valora-Faktura "vom 23. Mai 2008 an Generaldirektor Harald Himmer persönlich, Alcatel Lucent Austria". Die Ermittler vermuten, dass Valora als Drehscheibe diente, um dritten Personen Geld zukommen zu lassen. Das Geld floss zeitnah zu den Telekom-Zahlungen an Mensdorff. Himmer hatte die Vorwürfe vehement bestritten, für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Das Auffliegen des Tetron-Skandals Jahre nach der bereits damals sehr umstrittenen Entscheidung von Strasser brachte einige kuriose wie auch für die Republik sehr teure Ungereimtheiten zu Tage. So wurde publik, dass sich bei den Jagden unter der Ägide von Mensdorff-Pouilly auch Michael Fischer (ehedem Organisationsreferent der ÖVP), Philipp Ita (Kabinettschef unter Ex-ÖVP-Innenministerin Liese Prokop), Christoph Ulmer (Leiter des Kabinetts von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser) und Michael Kloibmüller (Kabinettschef von ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner) einfanden. Letzterer soll der Telekom wegen ihrer Aufklärungsarbeit in Sachen Blaulichtfunk mit "Unannehmlichkeiten" gedroht haben, was dieser heftig bestreitet. Auf der Jagd mit Mensdorff waren auch Markus Beyrer, nunmehr ÖIAG-Chef und Aufsichtsratschef der Telekom sowie Telekom-Aufsichtsrat Franz Geiger. Sie beide stehen nun einer Task Force vor, die die zahlreichen Affären bei der Telekom Austria aufklären soll. An den Korruptions-U-Ausschuss des Parlaments wird die Telekom aber keine Unterlagen liefern, wurde erst gestern vom Unternehmen bestätigt.

Konsortium

Beim einheitlichen Funksystem für alle Blaulichtorganisationen war das ursprünglich erfolgreiche Konsortium bestehend aus Siemens, Raiffeisen, Verbund und Wiener Stadtwerke ("mastertalk") vom Innenministerium wegen mangelnder Leistung ausgeschieden worden - um später dann mastertalk eine Entschädigung von 30 Mio. Euro zu zahlen. Zum Zug kam eine Gruppe um die Telekom Austria, Mensdorff-Pouilly soll dafür von der Telekom und dem Hardwarelieferanten Motorola rund 3,3 Mio. Euro erhalten haben. Die Justiz in Österreich und den USA ermittelt. Bereits im März 2009 übermittelte der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner der Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung, in welcher er den Verdacht des Amtsmissbrauchs und der verbotenen Geschenkannahme durch ranghohe Mitarbeiter des Innenressorts formulierte. Die Konsequenz: Petzner hatte selbst Erklärungsbedarf bei den Staatsanwälten, die wissen wollten, woher er seine Informationen und Fotos von diversen Jagden habe.

Während sich die juristische Aufarbeitung hinzieht, ist mittlerweile klar, dass die Neuvergabe des Blaulichtfunks noch teurer kommt als ursprünglich bekannt war. Das siegreiche Konsortium Tetron schreibt dazu in seiner Bilanz: "Da sich der Ausbau erheblich gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan des Vertrages verzögert hat, werden entsprechende von Tetron zu tragende Mehrkosten aus der Vergangenheit und für den laufenden Betrieb sowie Sonderaufwendungen durch ein erhöhtes monatliches Serviceentgelt des Kunden seit dem 1. Juli 2009 sowie eine Vorauszahlung in Höhe von zwei Mio. Euro pauschal abgegolten ..." Überdies gewährte das Innenministerium damals unter ÖVP-Innenministerin Maria Fekter dem Konsortium Investitionszuschüsse für den digitalen Blaulicht-Netzausbau in der Steiermark.

In Niederösterreich war man 2005 von Investitionen von knapp neun Millionen Euro ausgegangen; die jährlichen Betriebskosten wurden damals mit 300.000 Euro beziffert. 2010 waren die Aufwendungen durch die Decke geschossen: Nun lagen die Investitionskosten bei 24,7 Millionen Euro - das ist beinahe das Dreifache -, und die jährlichen Betriebskosten verdoppelten sich auf 653.000 Euro. Zusätzlich stellte das Innenministerium einen Zuschuss von 5,8 Millionen bereit, um die Blaulichtrealisierung nicht zu gefährden. (APA)