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Der konservative Politiker Sauli Niinistö gilt als Favorit für das höchste Amt in Finnland; seine Unterstützer finden sich vor allem in der Industrie des nordeuropäischen Landes, das mit den Auswirkungen der EU-Krise zu kämpfen hat.

Foto: EPA/MAURI RATILAINEN

Helsinki - Obwohl die Zeiten, in denen der Staatspräsident das wichtigste politische Amt in Finnland innehatte, längst vorbei sind, haftet der Präsidentenwahl in dem nordeuropäischen Land immer noch etwas Besonderes an. Seit über einem halben Jahr stellt die Frage, ob und wer dem favorisierten Konservativen Sauli Niinistö am Sonntag noch Paroli bieten könnte, eines der Top-Themen im finnischen Blätterwald dar.

Der 63-jährige Niinistö ist Wunschkandidat der Industrie für die Wahl am Sonntag. Der langjährige Parteichef der konservativen Sammlungspartei Kokoomus gilt seit seinem Beinahe-Sieg vor sechs Jahren über die sozialdemokratische Präsidentin Tarja Halonen als ihr logischer Nachfolger.

Bis vor kurzem sah es auch tatsächlich so aus, als gebe es diesmal für Niinistö keinen ernsthaften Herausforderer. Die Sozialdemokraten schickten mit Ex-Regierungschef Paavo Lipponen ein politisch verbrauchtes Schwergewicht ins Rennen, und in der Zentrumspartei fand sich keine Alternative zu Paavo Väyrynen, dem meist als Witzfigur belächelten Ex-Kofferträger von Langzeitpräsident Urho Kekkonen. Bei den erfolgreichen Rechtspopulisten erklärte der vierschrötige Timo Soini die Kandidatur zur Chefsache. Auch Linksparteichef Paavo Arhinmäki schickte sich selbst in das für ihn aussichtslos scheinende Rennen um das erste Staatsamt.

Stichwahl wahrscheinlich

In den Meinungsumfragen der vergangenen Wochen zeigten sich interessante Trends. Während Niinistös Unterstützung stetig nachließ und zuletzt deutlich unter der 50-Prozent-Schwelle lag, mauserte sich der geschmähte Zentrumspolitiker Väyrynen zur möglichen Nummer zwei im Rennen um die wahrscheinliche Stichwahl am 5. Februar.

Ungefähr gleichauf - zwischen acht und elf Prozent - zementierte sich der Grüne Pekka Haavisto als stärkster Kandidat des linken Lagers ein, während Ex-Premier Lipponen mit knapp vier Prozent seinen katastrophalen Start im Herbst nicht aufholen konnte.

Für viele Beobachter unerwartet fiel auch Soini als möglicher Stichwahlteilnehmer zurück. Der Rechtspolitiker wirkte bei seinen TV-Auftritten im Vergleich zu früher lustlos und war während des Wahlkampfs oft auf Reisen. Der ständige Ärger mit rassistisch tönenden Parteigängern und die zuletzt aufgetauchten Berichte über enge Verbindungen der "Wahren Finnen" zum katholischen Netzwerk Opus Dei könnten dem ebenfalls in EU-kritischen und wertkonservativen Wählergewässern fischenden Väyrynen zu ungeahnter Popularität verholfen haben. In der jüngsten Umfrage der Boulevardzeitung Iltalehti waren aber noch 29 Prozent unentschlossen, wem sie ihre Stimme geben.

Halonen nützte indes ihre letzte Neujahrsansprache als Präsidentin dazu, ihre Landsleute darauf aufmerksam zu machen, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Finnland unter allen nordeuropäischen Staaten mittlerweile die größte ist. Mit diesem Thema wird sich ihr Nachfolger auch noch auseinandersetzen müssen: Die jüngsten Wirtschaftsprognosen deuten darauf hin, dass sich das erfolgsverwöhnte Land bereits in einer Rezession befindet. (DER STANDARD-Printausgabe, 20.01.2012)