Bild nicht mehr verfügbar.

Barack Obama will dem Bau einer Pipeline, die Öl aus kanadischem Ölsand nach Süden transportierten soll, einstweilen keine Zustimmung erteilen. Die Republikaner hatten dies vehement gefordert.

Foto: REUTERS/Larry Downing

Bill McKibben ist zufrieden mit seinem Präsidenten. Barack Obama habe "Big Oil", den großen Ölkonzernen, tapfer die Stirn geboten, lobt der Umweltaktivist. Er habe sich nicht erpressen lassen durch unverhüllte politische Drohungen, "es war nicht nur die richtige Entscheidung, sondern auch eine sehr mutige".

Im August hatte McKibben, profilierteste Stimme der US-Ökobewegung, zwei Tage in einem Washingtoner Gefängnis verbracht. Auf seine Initiative hin hatte eine Menschenkette versucht, das Weiße Haus einzukreisen, um gegen die Keystone-XL-Pipeline zu protestieren. Jetzt feiert der Grüne aus Vermont einen Etappensieg. Obama hat es auf Eis gelegt, das Projekt einer 2700 Kilometer langen Rohrleitung, durch die Öl aus Kanada zu den texanischen Raffinerien am Golf von Mexiko gepumpt werden sollte.

Sein vorläufiges Nein sei nicht als Urteil über den Sinn einer solchen Pipeline zu verstehen, ließ der Präsident in einer schriftlichen Erklärung wissen. Vielmehr habe die Zeit gefehlt, um Pro und Kontra gründlich abzuwägen. "Ich bin enttäuscht, dass die Republikaner im Kongress diese Entscheidung erzwungen haben." Verknüpft mit einem Haushaltskompromiss am 23. Dezember, hatte die konservative Parlamentsfraktion dem Weißen Haus ein Ultimatum gestellt. Innerhalb von zwei Monaten sollte die Regierung bewerten, ob das Sieben-Milliarden-Dollar-Projekt des kanadischen Unternehmens Transcanada im nationalen Interesse der USA liege. Derart enge Fristen zu setzen, kritisiert Sprecher Jay Carney, das grenze fast schon an Erpressung.

Wäre es nach Obama gegangen, wäre die Entscheidung vertagt worden, auf die Zeit nach der Wahl im November. Alles sollte in Ruhe geprüft werden, nicht begleitet von schrillen Kampagnentönen. Die Republikaner, die den Amtsinhaber in polemischer Zuspitzung als inkompetenten Laien porträtieren, wollten genau diese Rechnung durchkreuzen. Nun schimpfen sie auf einen Präsidenten, der sich angeblich gegen US-Wirtschaftsinteressen stellt.

"Obama hat Jobs vernichtet und die nationale Sicherheit geschwächt, das alles aus reiner Dummheit", wettert Newt Gingrich, einer der fünf verbliebenen Bewerber fürs Oval Office. Mitt Romney, im herbstlichen Wahlduell wahrscheinlich der Gegner Obamas, spricht von einem Staatschef, der kurzsichtige politische Manöver über eine langfristige Energiepolitik stelle.

"Die Klimabewegung hat gegen Goliath gewonnen", jubelt dagegen die Umweltgruppe "Friends of the Earth. Sieger des Duells seien die Bürgerinitiativen des Mittleren Westens, die den mächtigen Mineralölkonzernen die Grenzen ihrer Macht aufgezeigt hätten. Nach den bisherigen Plänen sollte die Trasse durch ein ökologisch hochempfindliches Gebiet verlaufen, quer durch die Sandhills-Region, in der dicht unter der Oberfläche ein wichtiges Wasserreservoir liegt. Bauern fürchteten, an undichten Stellen könnte Rohöl ins Grundwasser sickern und somit ihre Existenz gefährden.

Transcanada kündigte an, einen neuen Projektantrag stellen zu wollen. Nach den Worten seines Konzernchefs Russ Girling hofft das Unternehmen auf eine rasche Genehmigung, damit die Pipeline 2014 in Betrieb gehen könne. (DER STANDARD-Printausgabe, 20.01.2012)