
"Man braucht aber auch nicht heuchlerisch sein und behaupten, die Politik werde nie wieder in den ORF hineinregieren", sagt Dieter Bornemann.
STANDARD: Ist die Belegschaft mit dem Rückzug von Niko Pelinka nun zufrieden?
Bornemann: Da geht es nicht um Niko Pelinka. In unserem Protest ist es immer darum gegangen, dass wir gegen das System der politischen Packelei kämpfen, nicht gegen einzelne Personen.
STANDARD: Fürs Erste haben Sie sich einmal durchgesetzt, da können Sie zufrieden sein, oder?
Bornemann: Der Generaldirektor hat nach diesen vierwöchigen Protesten eingesehen, dass er das Unternehmen nicht gegen die überwiegende Mehrheit der Belegschaft führen kann. Die Unabhängigkeit des Rundfunks ist jedenfalls gestärkt worden.
STANDARD: Was wären weitere konkrete Schritte, die aus Ihrer Sicht nun notwendig sind?
Bornemann: Wir müssen jetzt schauen, wie wir diese positive Energie, die in den letzten Wochen bei den Mitarbeitern entstanden ist, für eine echte Strukturreform nützen können. Das Management muss jetzt gemeinsam mit den Redakteursvertretern und den Belegschaftsvertretern darüber diskutieren, wie wir in Zukunft solche Krisen überhaupt vermeiden können, indem es zum Beispiel sogenannte Abkühlphasen gibt, dass Stiftungsräte etwa nicht direkt ins Management befördert werden können. Dadurch vermeidet man auch den Vorwurf des Stimmenkaufs.
STANDARD: Gibt es noch andere anstehende Personalentscheidungen, die Sie verhindern wollen?
Bornemann: Wir gehen davon aus, dass Wrabetz auf eine Ausweitung der Generaldirektion verzichtet und damit auch weitere umstrittene Personalentscheidungen hintangestellt werden und es nicht zu anderen Besetzungen kommt.
STANDARD: Nach wie vor reden die Landeshauptleute bei der Bestellung der Landesintendanten mit.
Bornemann: Gesetzlich verankert ist ein Anhörungsrecht, das in der Praxis zu einem Mitspracherecht, wenn nicht gar zu einem Bestimmungsrecht geworden ist. Der Protest der Journalistinnen und Journalisten hat hoffentlich klargemacht, dass solche Personalwünsche in Zukunft nicht mehr so leicht erfüllt werden können.
STANDARD: Wie soll denn der Stiftungsrat künftig bestellt sein?
Bornemann: Ganz wichtig ist die Qualifikation der Stiftungsräte, sie sollten wirklich etwas mit Medien zu tun haben. Ausschreibungen und Hearings für Stiftungsräte etwa wären sinnvoll. Man braucht aber auch nicht heuchlerisch sein und behaupten, die Politik werde nie wieder in den ORF hineinregieren, das wird wohl kaum der Fall sein. Die Diskussion der letzten Wochen hat aber gezeigt, dass wir uns wehren, wenn wir den Eindruck haben, da gibt es politische Einflussnahme.
STANDARD: Hat der Respekt der Belegschaft gegenüber Alexander Wrabetz im Zuge dieser Auseinandersetzung Schaden genommen?
Bornemann: Wir haben Wrabetz immer zugutegehalten, dass unter ihm die Berichterstattung sehr viel freier geworden ist. Die jüngste Protestaktion hat für ein positives Klima im Haus gesorgt. Wenn wir jetzt gemeinsam in einem Boot sitzen und sagen, die Unabhängigkeit ist das wichtigste Gut im öffentlich-rechtlichen ORF, dann sind wir gemeinsam auf Kurs. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2012)