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Angela Merkel inmitten der Männerrunde - Kanzler Faymann, Pedro Passos Coelho (Portugal)und zur Rechten Fredrik Reinfeldt (Schweden).
Berlin/Wien - Bundeskanzler Werner Faymann besuchte am Donnerstag Abend Berlin. Ein Besuch von eher peripherer Bedeutung. Den deutschen Medien ist er nicht einmal eine Randnotiz wert. Es ging natürlich um die Krise. Um eine Abstimmung in Sachen Fiskalpakt und weiteres Vorgehen im Schuldendrama vor dem EU-Sondergipfel Ende Jänner handelte es sich genau genommen.
Österreichs Kanzler betonte dabei laut Ö1-Morgenjournal einmal mehr die Notwendigkeit, dass sich die Politik wieder gegenüber den Finanzmärkten durchsetzen möge: "Wir müssen den Primat der Politik gegenüber der Bewertung durch die Finanzmärkte wieder erreichen", sagte dem ORF-Radio. Österreichs Triple-A-Verlust sei bei dem Abendessen nur insofern Thema gewesen, als man näher zusammengerückt sei. Nicht physisch, sondern symoblisch war dabei gemeint.
Der Kanzler unterstrich - so verlautet er im ORF-Interview, dass der Zusammenhalt in der Eurozone nach dem Herabstufungsreigen von den neun Ländern der Eurozone (darunter eben auch Österreich) durch S&P "enger denn je" sei. Die Staaten der Eurozone und der Union wüssten, "dass sie zusammengehören".
Alleingang bei der Finanztransaktionssteuer
Dem deutsch-französischen Vorschlag eine Finanztransaktionssteuer möglicherweise nur in den Ländern der Eurozone einzuführen, kann Faymann indes etwas abgewinnen. Wenn heuer in der Eurozone "mit der Mitwirkung des einen oder anderen Landes" ein entsprechender Beschluss gefasst werde, könnte diese Steuer bereits 2014 budgetwirksam werden. Faymann: "Das würden wir brauchen."
Was den Fiskalpakt betrifft, so treibt Deutschland Vorarbeiten zu einem Pakt voran, mit dem sich alle Teilnehmerstaaten zu mehr Haushaltsdisziplin verpflichten sollen. In Zukunft sollen Staaten, die Hilfsgelder bekommen wollen, laut Ö1 einen solchen Pakt verpflichtend unterzeichnen. Dafür stehe jetzt nicht mehr drin, dass Schuldendisziplin unbedingt in die nationalen Verfassungen kommen müsste, Verankerung des Grundsatzes in normalen Gesetzen könnte auch genügen. Laut deutschen Medien hat die deutsche Bundesregierung demnach mit ihrer Kritik an einer Aufweichung des vereinbarten europäischen Stabilitätsvertrages eine Neufassung erreicht. In dem Entwurf, der am Donnerstagnachmittag fertiggestellt wurde, sind für Verletzungen der Stabilitätsregeln Sanktionen vorgesehen, "zahlbar an den Europäischen Stabilitätsmechanismus" (ESM). (red, derStandard.at, 20.1.2012)