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Wien - Eine deutliche Erholung der Weltwirtschaft prognostiziert das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) ab dem nächsten Jahr in seiner am Freitag veröffentlichten neuen Mittelfrist-Prognose: Die Weltproduktion wird sich nach 2012 merklich erholen und mittelfristig um 4,1 Prozent pro Jahr zunehmen. Ein überdurchschnittliches Wachstum wird für die Schwellenländer, vor allem China und Indien, aber auch für die großen EU-Staaten in Ostmitteleuropa sowie auch die USA erwartet. Im Euro-Raum soll die Expansion wegen der Unsicherheit über die Bewältigung der Zinsen- und Schuldenkrise gedämpft sein, ebenso in Japan. Die weltweiten Leistungsbilanzungleichgewichte sollten sich mittelfristig verringern.

Die Wifo-Prognose geht davon aus, dass die Unsicherheit über die Bewältigung der Zinsen- und Schuldenkrise im Euro-Raum noch einige Zeit bestehen bleibt. Daher dürfte sich der Euro weiter leicht abschwächen und 2012/2016 im Schnitt bei 1,26 Dollar liegen. Der Erdölpreis dürfte, nach einem konjunkturbedingten Rückgang auf 95 Dollar je Barrel (Brent) im Jahr 2012, bis 2016 wieder auf etwa 110 Dollar steigen. Über den gesamten Prognosezeitraum wäre Erdöl demnach um etwa 21 Prozent teurer als in der letzten Fünfjahresperiode (102,2 Dollar gegenüber 84,1 Dollar).

Zinsen auf niedrigem Niveau

Die kurz- und mittelfristigen Zinsen werden für den Prognosezeitraum im Mittel auf dem niedrigsten Niveau seit 1945 erwartet. Wegen der außerordentlich lockeren US-Geldpolitik und der Euro-Krise dürfte das US-Zinsniveau um 1 Prozentpunkt niedriger sein als im Euro-Raum. Die sollte - nach Überwindung der Konjunkturschwäche im Jahr 2012 - eine kräftige Belebung der Weltwirtschaft ermöglichen. Dabei nimmt das Wifo an, dass die verstärkten Sparbemühungen in der EU den Konjunkturabschwung nicht merklich verlängern, sondern zu einer Beruhigung der Finanzmärkte beitragen.

Die Weltproduktion wird sich aus Wifo-Sicht nach 2012 merklich erholen und mittelfristig um 4,1 Prozent pro Jahr zunehmen. Wie in den vergangenen 20 Jahren soll dabei die Gesamtproduktion in den USA (+2,1 Prozent pro Jahr) etwas rascher expandieren als im Durchschnitt aller Industrieländer (+2,0 Prozent), im Euro-Raum sowie in Japan dagegen etwas langsamer (+1,4 Prozent bzw. +1,6 Prozent pro Jahr). Besondere Wachstumsdynamik erwartet das Wifo in Osteuropa: In den sechs größten neuen EU-Ländern in Ostmitteleuropa sollte das Wachstum mit plus 3,2 Prozent pro Jahr deutlich kräftiger sein als in der gesamten EU (+1,7 Prozent pro Jahr).

China und Indien werden weiterhin das höchste Wirtschaftswachstum verzeichnen (+8,6 Prozent bzw. +8,4 Prozent pro Jahr), glaubt das Wifo. Für die anderen Entwicklungs- und Schwellenländer prognostiziert das Institut ein BIP-Plus von 4,7 Prozent (OPEC), 4,1 Prozent (Lateinamerika) bzw. 4,8 Prozent (Afrika).

Welthandel wächst

Der Welthandel dürfte bis 2016 um fast 6 Prozent pro Jahr wachsen, nur geringfügig langsamer als in den 15 Jahren vor Ausbruch der Finanzmarkt-Krise. Die Exporte der USA werden mittelfristig stärker expandieren als ihre Importe. Für die Überschussländer Deutschland, Japan, China, Russland und die OPEC ermittelt das Prognosemodell einen umgekehrten Verlauf, also ein höheres Wachstum der Importe als der Exporte. Die Leistungsbilanz-Ungleichgewichte sollten sich daher mittelfristig verringern.

Die Prognose wurde mit dem Weltmodell von "Oxford Economics" erstellt. Ökonometrische Prognoseverfahren implizieren, dass die in der Vergangenheit beobachteten Reaktionsmuster von Unternehmen, Haushalten und der Wirtschaftspolitik auf Änderungen ökonomischer Variabler auch in Zukunft wirksam bleiben. Diese Annahme sei aber derzeit besonders problematisch, gibt das Wifo zu bedenken, weil die aktuelle Situation durch Probleme geprägt wird, die in der Stützperiode des Modells (seit 1980) nicht aufgetreten sind.

Zu diesen Problemen gehören etwa die Spekulation mit Credit Default Swaps (CDS), ihre Effekte auf das Zinsniveau von Staatsanleihen und die akuten Schuldenkrisen mehrerer Euro-Länder, aber auch die verstärkten Konsolidierungsbemühungen nahezu aller EU-Staaten ungeachtet einer bereits spürbaren Konjunkturabschwächung. Nach einer schweren Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise fallen die unvermeidbaren Unzulänglichkeiten ökonometrischer Prognoseverfahren besonders stark ins Gewicht, betont das Wifo. Zudem seien neue Probleme aufgetreten, für deren Bewältigung sich die Wirtschaftspolitik auf keine Erfahrungen stützen könne. Aus beiden Gründen seien die Risiken, dass die erwarteten Wachstumsraten nicht erreicht werden, wahrscheinlich hoher als die Chancen, dass sie überschritten werden. (APA)