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Die zwei Fotos zeigen, wie weit die "Costa Concordia" bereits abgesunken ist. Das Bild oben wurde am 14. Jänner aufgenommen, jenes darunter am 20. Jänner.

Foto: EPA/ENZO RUSSO/MASSIMO PERCOSSI

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Aufgrund der rauen See sinkt das Kreuzfahrtschiff rund 1,5 Zentimeter pro Stunde.

Foto: REUTERS/Giampiero Sposito

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Zwei Taucher bei der Schiffsglocke der "Costa Concordia". Die Suche musste am Freitag allerdings erneut unterbrochen werden.

Foto: AP/Carabinieri

Rom - Ein italienischer Verbraucherschutzverband plant wegen der Havarie des Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" eine Sammelklage gegen den US-Mutterkonzern der italienischen Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere. Codacons werde sich zwei US-Anwaltskanzleien anschließen und den Konzern Carnival auf Entschädigungszahlungen in Höhe von 123.000 Euro pro Passagier verklagen, teilte der Verband am Samstag mit. An der Klage würden sich mehr als hundert Passagiere "aller Nationalitäten" beteiligen.

Die Sammelklage gegen den Betreiber Carnival werde Mitte kommender Woche am Firmensitz in Miami eingereicht, erklärte Codacons. Die Passagiere hätten unter Angst gelitten, ihr Urlaub sei ruiniert worden und sie seien ernsthaften Risiken ausgesetzt gewesen, begründete der Verband seine Forderungen. Codacons hatte jüngst bereits eine Sammelklage in Italien angekündigt. Diese muss noch von der Justiz zugelassen werden, was nach Angaben des stellvertretenden Codacons-Vorsitzenden Marco Ramadori einige Monate dauern könnte.

Der Kapitän des vor einer Woche in der Toskana gekenterten Kreuzfahrtschiffs, Francesco Schettino, hat gegenüber der Reederei Costa Crociere nach Angaben der Ermittler sofort die Verantwortung für das Manöver übernommen, das zu der Kollision der "Costa Concordia" mit Felsen vor der Insel Giglio geführt hat. "Ich habe einen Schaden angerichtet", erklärte Schettino demnach unmittelbar nach der Havarie in einem Telefonat mit dem Krisenmanager der Reederei, Roberto Ferrarini.

"Evakuierungsaktion von Felsen aus koordiniert"

Die Kreuzfahrtgesellschaft hatte angegeben, Schettino habe gegenüber der Reederei die Lage an Bord heruntergespielt. "Er hat uns belogen", hatte der Geschäftsführer von Costa Crociere, Pierluigi Foschi, erklärt. Schettino erwiderte, dass er nach der Havarie sofort mit dem Krisenmanager der Kreuzfahrtgesellschaft telefoniert habe, dem er Schritt für Schritt die Entwicklungen an Bord beschrieben habe. Schettino bestritt auch, dass er nach dem Schiffbruch flüchten wollte. "Ich habe das Schiff nicht verlassen. Ich habe von einem Felsen aus die Evakuierungsaktion koordiniert. Ich war an meiner Uniform klar erkennbar", sagte er den Staatsanwälten.

Die Zahl der Toten ist mittlerweile auf zwölf gestiegen. Ein Sprecher der Bergungsmannschaften teilte mit, am Samstag sei die Leiche einer Frau im Wrack des Kreuzfahrtschiffs entdeckt worden.

Neues Unwetter

Die Reederei macht den Kapitän allein für die Katastrophe verantwortlich. Die Gesellschaft werde den 52-Jährigen nicht vor Gericht verteidigen und seine Prozess- und Anwaltskosten nicht zahlen, teilte der Rechtsanwalt von Costa Crociere, Marco De Luca, mit. Der unter Hausarrest stehende Schettino wurde am Donnerstag von seinem Arbeitgeber suspendiert.

Die Suche nach den Vermissten gestaltet sich unterdessen immer schwieriger. Von Norden her näherte sich ein heftiges Unwetter, warnten Wetterexperten. Sturm und hohe Wellen könnten den Luxusliner weiter absacken lassen. Die italienische Regierung rief den Notstand aus, wie der Minister für Parlamentsangelegenheiten, Piero Giarda, am Freitagabend in Rom verkündete. Dadurch sollen Gelder und zusätzliche Hilfe für die Gegend bereitgestellt werden, in der die "Costa Concordia" havariert war. Das vor der italienischen Insel Giglio leckgeschlagene Schiff droht weiter zu sinken, etwa 2.400 Tonnen Treibstoff - offenbar überwiegend Schweröl - könnten dann ins Meer vor der toskanischen Küste fließen.

Costa Concordia sinkt 1,5 cm pro Stunde

Die vor einer Woche havarierte "Costa Concordia", die auf einem Felsvorsprung vor der toskanischen Küste liegt, könnte bis zu 70 Meter tief ins Wasser abrutschen, befürchten Experten. Momentan befindet sich der Luxusliner auf 37 Metern Tiefe. Laut jener Fachleute, die das Schiff mit Lasergeräten überprüfen, bewegt sich dieses wegen der rauen See 1,5 Zentimeter pro Stunde.

Nicht ausgeschlossen wurde, dass das Wrack an Felsen verankert werden könnte, so die Rettungsteams. Damit wolle man das Sinken verhindern, sollten sich die Wetterbedingungen weiterhin verschlechtern, berichteten die toskanischen Behörden.

Rom ruft Notstand aus

Inzwischen hat Italiens Premier Mario Monti den Notstand in dem betroffenen Gebiet rund um die Insel Giglio augesrufen. Dadurch sollen schnelle Hilfe ermöglicht und zusätzliche Geldmittel locker gemacht werden, sagte Umweltminister Corrado Clini nach einer Ministerratsitzung am Freitagabend in Rom.

Clini warnte vor der Gefahr, dass das havarierte Schiff "Costa Concordia" mit 2.400 Tonnen Treibstoff sinken könnte. "Es befindet sich in einer unsicheren Lage und könnte bei höheren Wellen sinken", sagte der Minister. Das Kabinett in Rom plane Maßnahmen, um große Schiffe von Naturschutzgebieten fernzuhalten. Überhaupt sollen Kreuzfahrtschiffe und Tanker aus dem Meeresschutzgebiet rund um die Inseln der Toskana und aus der Lagune von Venedig verbannt werden, so Clini.

Suche mit Roboter

Die italienische Reederei Costa Crociere, der das havarierte Schiff gehört, hat ein spezielles Unternehmen mit der umweltschonenden Bergung der "Costa Concordia" beauftragt. Doch über Art und Zeitpunkt des Abtransports blieb vieles noch unklar. Laut der italienischen Regierung kann das Öl-Abpumpen aus dem Wrack nicht beginnen, solange die Suche nach Vermissten noch im Gange ist. Bisher wurden acht der zwölf Todesopfer identifiziert. Dabei handelt es sich um vier Franzosen, einen Italiener, einen Spanier, einen Ungarn und einen Peruaner. Am Freitag musste aufgrund des schlechten Wetters die Suche abgebrochen werden.

Mithilfe eines ferngesteuerten Unterwasser-Roboters soll der Meeresgrund rund um die "Costa Concordia" überprüft und zugleich nach Vermissten gesucht werden. Dies teilte der Sprecher der toskanischen Feuerwehr Luca Cari am Freitag mit. Bisher habe der Roboter bereits eine 10.000 Quadratmeter große Fläche unweit des Vorder- und des Hinterteils des Wracks kontrolliert. So können die Rettungsteams trotz der unruhigen See die Suche nach den 22 Vermissten fortsetzen.

Nicht nur Öl als Gefahr für die Umwelt

Rund 2.400 Tonnen Dieselöl befinden sich in den Tanks. Sollten sie ins Wasser gelangen, wäre das Meeresschutzgebiet im Toskanischen Archipel in akuter Gefahr. Umweltschützer warnten, dass nicht nur Öl die Gewässer der Insel Giglio gefährden. Im Schiff würde sich Müll, jede Menge chemische Produkte, Spül-und Waschmittel befinden, die bereits zum Teil ins Wasser gelangt seien. "Die Verseuchung der Küste der Insel Giglio hat bereits begonnen", sagte Jacopo Giliberto, Sprecher von Umweltminister Corrado Clini.

Reederei: "Kapitän hat uns belogen"

Costa Crociere macht Kapitän Francesco Schettino erneut schwere Vorwürfe. Er soll die Situation an Bord nach der Havarie heruntergespielt haben. "Er hat uns belogen", sagte der Geschäftsführer von Costa Crociere, Pierluigi Foschi. Schettino behauptet dagegen, dass er nach der Havarie sofort mit dem Krisenmanager der Kreuzfahrtgesellschaft telefoniert habe, dem er Schritt für Schritt die Entwicklungen an Bord beschrieben habe.

Die Reederei macht den Kapitän allein für die Katastrophe verantwortlich. Die Gesellschaft werde den 52-Jährigen nicht vor Gericht verteidigen und seine Prozess- und Anwaltskosten nicht zahlen, teilte der Rechtsanwalt von Costa Crociere, Marco De Luca, mit. Der unter Hausarrest stehende Schettino wurde am Donnerstag von seinem Arbeitgeber suspendiert. Dies versetzt Schettino in eine durchaus schwierige Lage.

Kapitän: "Streng verboten im Dienst zu trinken"

Kapitän Schettino bestritt, dass sich die 25-jährige Moldawierin Domnica C. mit ihm auf der Kommandobrücke befand, als es zur Havarie kam. Er habe auch nicht zu viel getrunken, wie einige Besatzungsmitglieder berichteten. Schettino war vor einigen Tagen einem Drogen- und Alkoholtest unterzogen worden, deren Resultate noch nicht bekanntgegeben wurden. Ein Besatzungsmitglied behauptete, dass der Kapitän vor der Havarie beim Abendessen mit der 25-Jährigen viel getrunken habe. Diese bestritt diese Aussagen vehement. "An Bord gibt es überall Videoanlagen. Es ist für Besatzungsmitglieder streng verboten, im Dienst zu trinken", sagte sie.

C. bestritt auch, dass sie die Geliebte des Kapitäns sei, wie italienische Medien spekulieren. Die Frau gab an, Hostess der Reederei Costa Crociere gewesen zu sein. Sie habe auf der "Costa Concordia" Urlaub machen wollen. Sie sei bei Schettino gewesen, um seine Anweisungen russischen Passagieren zu übersetzen. Er sei ein "Held", der alles getan habe, was möglich gewesen sei. Sie sei bereit, für ihn vor den ermittelnden Staatsanwälten auszusagen.

Staatsanwaltschaft prüft Reederei

Die Staatsanwälte wollen klären, ob die Reederei durch unzulängliche Informationen des Kapitäns über die realen Zustände an Bord irregeführt wurde oder ob sie in einer ersten Phase versucht habe, das Ausmaß der Katastrophe herunterzuspielen. So sei die Evakuierung verspätet begonnen worden, was mehrere Menschen das Leben gekostet hat, vermuten die Ankläger. Ermittlungen sollen auch gegen den für Krisen zuständigen Manager der Reederei Costa Crociere aufgenommen werden, berichteten italienischen Medien.

Inzwischen bildete sich ein Komitee der Überlebenden des Schiffbruchs. Damit wollen die Passagiere von der Costa Crociere eine Entschädigung für die erlittenen materiellen und sonstigen Schäden verlangen. Sie werden dabei von italienischen Konsumentenschutzverbänden unterstützt.

Vorwürfe auch gegen die Crew

Wie zeit.de berichtet, wurden auch Vorwürfe gegen die Crew laut. Auf einem Video, das der Sender RAI zeigte, erklärte eine Mitarbeiterin der "Costa Concordia" einer Gruppe von Passagieren, von denen bereits viele Schwimmwesten: "Im Namen des Kapitäns bitten wir Sie, alle zurück in Ihre Kabinen zu gehen."

Nach dieser Aufforderung seien viele Passagiere, die sich schon auf einem der oberen Decks befanden, wieder in die untere Etagen gegangen. Wie die Ermittler vermuten, sollen sich dadurch die Rettungsarbeiten erschwert haben. Besonders brisant: Das Video soll um 22.25 von einem der Passagiere aufgenommen worden sein. Zu diesem Zeitpunkt war der Maschinenraum des Schiffes aber bereits 40 Minuten unter Wasser gestanden. (APA)