Das Leben ist eine Hühnerleiter und die Politik eine Rennstrecke, auf der die Newcomer ein erbittertes Wettrennen mit den alten Entgleisern zwecks weiterer Entgleisungen liefern. Komischerweise trägt es weder die ersten noch die zweiten dabei jemals aus der politischen Kurve, sei der Sager noch so unmöglich gewesen. Sie bleiben im Rennen, komme was wolle.

Herr Kurz bescherte uns 2011 die "Integration durch Leistung". Es hatten sich auch Betroffene treffen lassen, mit denen er seine Kampagne etwas aufputzen konnte. Gleichzeitig wurde vermittelt, dass jede/r, der keinen wirtschaftlichen Erfolg vorzuweisen hatte, auch nicht integriert gewesen sei. Niemals und nie integriert gewesen sei. Das wirft die Frage auf, was nun mit den vielen unerfolgreichen Inländern zu tun ist, von der autochthonen mangelhaften Beherrschung der deutschen Sprache ganz zu schweigen. Ob nun "Meischi" nach seinem Kultspruch unverzüglich von einer Ausweisung bedroht gewesen wäre und ob er daraufhin um humanitäres Bleiberecht im Bärental hätte ansuchen müssen. Die Kurz-prosa wies gewisse Klanganlehnungen an "Kraft durch Schönheit" und andere Zeilen, die "Arbeit" thematisierten, auf, vermutlich von Kurz nicht bewusst in Kauf genommen. Das macht ihn weder zum Bösewicht noch zur geeigneteren Person für den sensiblen Bereich der Integration. Dass seine Berater solche Anlehnungen zuließen, ist jedoch kein Zufall, ebenso wie Frau Fekters Bankersager.

Kaum hatten wir also diese Ereignisse verdaut, da braute sich schon der nächste Tsunami an den Dämmen des politisch Vertretbaren zusammen und die neue Innenministerin reihte sich mit einem neuen Begriff in den Trampelreigen: die bösen "Ankerkinder" waren geboren. Österreich wird im Augenblick total von diesen "Ankerkindern" bedroht. 2011 überwältigende 17-mal.

Die weit größere Bedrohung stellen eigentlich die hiesigen Ankereltern aller politischen Couleurs dar, die ihre Kinder teils ungeeignet in beste Positionen hieven und die gläserne Decke betonieren.

Ankeronkel haben sich übrigens auch bewährt. Wenn einen dann kein Schicksalsschlag aus dem Onkelschlamassel heraus reißt, muss man, tonnenschwer verankert, sein Leben fortan in sehr festgelegten Bahnen ziehen, während der Onkel das drüberrollende Kriegsschiff gibt. Der Hinweis, man möge mit fremden Onkeln nicht ungeschaut mitgehen, führt in die Irre, der eigene Onkel ist gefährlicher, sei er nun in der Medien- oder der Politiklandschaft verankert, und für jeden gilt: Warum denn für das Feindbild in der Ferne schweifen. Das Gute liegt so nah. (Julya Rabinowich, DER STANDARD; Printausgabe, 21./22.1.2012)