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Rauch und Feuer im Polizeihauptquartier - nach den Bombenanschlägen.

Foto: Reuters/Stringer

Kano/Abuja -Die Zahl der Todesopfer des Überfalls islamischer Extremisten in der nigerianischen Stadt Kano ist auf mindestens 178 gestiegen. Das sagte ein Arzt im größten Krankenhaus der Stadt am Sonntag. Der Mediziner rechnet insgesamt mit noch mehr Opfern."Wir haben 178 getötete Menschen in den beiden größten Krankenhäusern", sagte der leitende Arzt des Murtala-Mohammed-Hospitals. Er berief sich auf die Daten seiner Klinik und eines anderen Krankenhauses der Region. Da noch nicht alle Leichen eingeliefert seien, werde die Zahl der Opfer noch höher liegen, fügte er hinzu.

Zu der koordinierten Angriffsserie, die sich vor allem gegen die Polizei und weitere Behörden richteten, bekannte sich die Islamistengruppe Boko Haram.

"Seit vergangener Nacht bringen Hilfsorganisationen, die an der Bergung der Toten beteiligt sind, Leichen hierher", sagte der Mitarbeiter der größten Leichenhalle von Kano der Nachrichtenagentur AFP. Die Zahl der Opfer könne sich noch erhöhen, da weiterhin Tote in die Einrichtung gebracht würden. Einige Familien hätten ihre getöteten Angehörigen bereits abgeholt. Bei den Opfern handle es sich um Polizisten, andere Sicherheitskräfte, Häftlinge in den angegriffenen Polizeistationen sowie Zivilisten. Über die Zahl der Verletzten wurden zunächst nichts bekannt. Die Behörden verhängten am Freitagabend eine 24-stündige Ausgangssperre über Kano.

Der Polizei zufolge wurden bei der Angriffsserie insgesamt acht Orte attackiert. Darunter waren demnach mehrere Polizeiwachen, ein Gebäude der Geheimpolizei, die Residenz eines Polizeioffiziers und Büros der Einwanderungsbehörde. Mindestens zwei der Anschläge sollen von Selbstmordattentätern verübt worden sein. Insgesamt waren mindestens 20 Explosionen zu hören, gefolgt von Feuergefechten an mehreren Orten. Die Behörden verhängten für Kano eine Ausgangssperre.

Vergeltung, weil Regierung keine Häftlinge freiließ

Ein Sprecher der Sekte Boko Haram sagte der nigerianischen Zeitung "Daily Trust", die Taten seien eine Vergeltung dafür, dass die Regierung sich geweigert habe, inhaftierte Mitglieder von Gruppe freizulassen. Die islamistische Sekte hatte in den vergangenen Wochen bei mehreren Anschlägen bereits dutzende Menschen getötet. Die meisten Angriffe richteten sich gegen Christen im Norden Nigerias. Dieser Landesteil wird mehrheitlich von Muslimen bewohnt, während im Süden die Christen in der Mehrheit sind. Boko Haram kämpft seit Jahren für einen islamischen Staat im Norden. Rund 10.000 Christen waren nach Angaben des Roten Kreuzes aus dem Norden geflohen.

Zu Weihnachten waren bei Angriffen auf Christen in Nigeria mindestens 49 Menschen getötet worden. Staatschef Goodluck Jonathan rief wenige Tage später zwar den Ausnahmezustand in einigen von der Gewalt betroffenen Gebieten aus, dennoch wurden weitere Anschläge verübt.

Das französische Außenministerium verurteilte "die terroristischen Anschläge auf das Entschiedenste". Auch der britische Außenminister William Hague zeigte sich "schockiert". Erst Stück für Stück werde der "ganze Horror" der Anschläge sichtbar, erklärte er. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle verurteilte die Anschläge vom Freitagabend als "große Gefahr für den inneren Frieden" in Nigeria. "Alle Verantwortlichen sind dringend aufgerufen, das Recht auf freie Religionsausübung und religiöse Toleranz entschieden zu verteidigen", erklärte er. Extremistengruppen müsse "so schnell wie möglich das Handwerk gelegt werden". (APA)