Benghazi - In der früheren libyschen Rebellenhochburg Benghazi (Bengasi) haben am Freitag bis zu 3000 Menschen für die Einführung des islamischen Rechtssystems Scharia demonstriert. "Islamisch, islamisch", skandierten die Teilnehmer der Kundgebung auf dem Tahrir-Platz der ostlibyschen Stadt. Einige Demonstranten, vor allem jüngere Männer mit Bart, hielten den Koran hoch. Auch in Tripolis und Sabha fanden derartige Demonstrationen statt.

In der libyschen Hauptstadt verbrannten Islamisten auf dem Algerien-Platz Ausgaben des "Grünen Buchs". Das "Grüne Buch" hatte die ideologische Grundlage für Herrschaft von Muammar al-Gaddafi gebildet und Elemente des Sozialismus und des Islam verbunden. Eine Gruppe Säkularisten, die seit mehr als einem Monat auf dem Platz ein Sit-in veranstalteten, skandierten dagegen: "Wir wollen einen bürgerlichen Staat (civil state)."

Islam in die Verfassung

Die Islamisten umfassten sowohl Mitglieder der konservativen Muslimbrüder als auch der radikalen Salafisten. In einem Flugblatt forderten die Teilnehmer, dass der Islam als Staatsreligion in der Verfassung verankert wird. Dieser Artikel dürfe nicht in einem Referendum über die Verfassung zur Abstimmung stehen. Die Demonstranten sprachen sich auch gegen einen Föderalstaat aus.

Unter den Teilnehmern war Ghaith al-Fakhri, einer der führenden Köpfe der islamistischen Bewegung in Libyen. Der Vorsitzende des Nationalen Übergangsrates des nordafrikanischen Landes, Mustafa Abdul Jalil, hatte am 23. Oktober zugesagt, dass das Rechtssystem des neuen libyschen Staates überwiegend von der Scharia beeinflusst sein soll. Drei Tage vor dieser Ankündigung war Gaddafi getötet worden. (APA)