Der frühe Vogel fängt den Wurm, der späte Deville siegt dafür in Kitzbühel

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Kitzbühel – Im reifen Sportler-Alter von 31 Jahren hat Cristian Deville am Sonntag in Kitzbühel seinen ersten Weltcup-Sieg gefeiert. Der Italiener gewann den Slalom auf dem legendären Ganslernhang vor allem dank eines starken zweiten Durchgangs überlegen 0,72 Sekunden vor dem Tiroler Mario Matt. Der Kroate Ivica Kostelic wurde Dritter und übernahm die Führung im Gesamt-Weltcup.

Der bisherige Leader Marcel Hirscher fädelte im zweiten Durchgang ein und schied damit wie vor einer Woche in Wengen aus. Die Kitzbühel-Rennen gingen bereits zum dritten Mal in Serie ohne ÖSV-Sieg zu Ende, für den bis dato letzten hat Klaus Kröll im Super-G 2009 gesorgt.

Kostelic gewann die klassische Kombination von Kitzbühel vor den beiden Schweizern Beat Feuz und Silvan Zurbriggen und sammelte damit am Sonntag gleich 160 Punkte. Der Titelverteidiger ist wie vor einem Jahr voll auf Kurs Richtung Große Kristallkugel, sein Guthaben auf Hirscher beträgt nach dem Hahnenkamm-Wochenende 130 Zähler. Auch in der Slalom-Wertung hat Kostelic klar die Nase vorne, er führt 175 Punkte vor Deville und 185 vor Hirscher. Im Herren-Weltcup geht es schon am Dienstag mit dem nächsten Slalom-Höhepunkt in Schladming weiter.

Fehlerfrei

"Der zweite Durchgang war wahnsinnig gut", frohlockte Premieren-Sieger Deville. "Ich bin vom ersten Tor weg richtig in Schwung gekommen. Ich habe volles Risiko genommen, aber keine Fehler gemacht", meinte Deville, der erste italienische Kitzbühel-Sieger seit Kristian Ghedina (Abfahrt 1998). Warum erst jetzt der Knoten so richtig geplatzt ist, konnte Deville nicht wirklich erklären. "Ich habe eigentlich trainiert wie immer. Wahrscheinlich hilft mir aber die Erfahrung entscheidend weiter."

Matt war nach der Führung nach dem ersten Durchgang auf dem Weg zu seinem zweiten Sieg in Kitzbühel nach 2000. Im Finale war aber dann gegen Deville kein Kraut gewachsen. "Deville hat einen Wahnsinnslauf gehabt. Er hat voll riskiert und es ist alles aufgegangen", wusste Matt. Für den Sieg fehlte dem Tiroler die allerletzte Entschlossenheit. "Wenn man gewinnen will, muss man auch einen Ausfall riskieren. Das habe ich nicht gemacht. Aber jetzt habe ich wichtige Punkte gemacht und im nächsten Rennen in Schladming werde ich voll attackieren", versprach Matt.

Selbsterfüllende Prophezeihung Einfädler

Einen alles andere als leichten Sonntag hatte Hirscher. Zunächst die Diskussionen um seinen Einfädler beim Sieg am 5. Jänner in Zagreb, dann ein Fast-Einfädler gleich beim allerersten Tor im ersten Lauf und dann ein echter, glasklarer Einfädler im zweiten Durchgang. "Wenn jeder übers Einfädeln redet, dann tu' ich mir dann auch schwer, von den Toren wegzubleiben", sagte Hirscher.

"Die Umstände der letzten Tage waren schon sehr kurios. Ich habe mich riesig auf dieses Rennen gefreut und dann kommt so eine Schlagzeile", ärgerte sich Hirscher über einen Artikel der "Kronen Zeitung". Vor allem deshalb, weil am Sonntag auch FIS-Renndirektor Günter Hujara nach Studium der Zagreb-Bilder des ORF bestätigte, dass Hirscher nicht eingefädelt habe. Hirscher sieht damit das Thema Zagreb vom Tisch gewischt: "Das war eindeutig korrekt."

Kostelic brummig

Kostelic, sein größter Rivale im Slalom, sieht das anscheinend ganz anders. Der Kroate ließ Hirscher und Felix Neureuther, der aber laut Hujara ebenfalls nicht eingefädelt hat, wissen: "Es ist nur ein Rennen, aber die Schande währt ewig." Kostelic, in Zagreb hinter Hirscher und Neureuther Dritter, sieht sich anscheinend um seinen heiß ersehnten Heimsieg betrogen. Sportlich hat sich Kostelic voll auf den Slalom konzentriert, die Kombi will er nicht im Hinterkopf gehabt haben. "Der Weg Richtung Gesamt-Weltcup stimmt", zeigte sich der Titelverteidiger zuversichtlich.

Vedran Pavlek vom kroatischen Verband nahm Hirscher nicht ab, dass der Salzburger einen Einfädler nicht spüre: "Ich war selbst Rennläufer. Ich denke, dass ein Athlet das spürt und danach nicht weiterfahren sollte." Pavlek will in naher Zukunft die Zagreb-Bilder noch einmal genau studieren und danach über weitere Maßnahmen nachdenken. Das Klima zwischen den Teams aus Österreich und Kroatien war auf jeden Fall schon einmal besser.

Zweitbester Österreicher im Slalom war überraschend Wolfgang Hörl als Achter, der Salzburger setzte mit Laufbestzeit im zweiten Durchgang endlich seine teilweise sensationellen Trainingsleistungen ins Rennen um. Benjamin Raich wurde Zehnter, Manfred Pranger Elfter und Reinfried Herbst sammelte als 13. zumindest Selbstvertrauen. Bester Österreicher in der Kombi-Wertung war Romed Baumann als Sechster. (APA)