
FM4-Geburtstagsfest mit Pelerinen vom Raiffeisen Club. Bankenrettung ist cool!
Wien - Zu winterlichen Ritualen wie Weihnachten, Schneemannbauen, Glühweinschwips oder Lichtkur gehört das FM4-Geburtstagsfest. Dieses rechtfertigt allein schon die jährliche Grippeimpfung, wird es doch weitgehend open air abgehalten.
Am Samstag ging diese Sonderprüfung für Leib, Leber und Toleranz wie immer in der Arena über die Bühne. Erwartungsgemäß regnete es wie aus Kübeln, nach Wärmestubenaufenthalten suchte man zwischen knöcheltiefen Pfützen einen Platz, um Zeuge eines Programms zu werden, dessen Qualität mit jener des Wetters konvenierte.
Zum 17-jährigen Bestehen des führenden Die-Jugend-sind-wir-Senders gab dieser Geld für Auftritte von Bands wie Kettcar (der Headliner), Nada Surf, Kaizers Orchestra oder die Mediengruppe Telekommander aus.
Würde man Bands wie Fußballteams in Ligen kategorisieren, ginge dieses Programm als ein Aufeinandertreffen von ein paar mäßig begabten Wirtshausmannschaften durch, die davon träumen, einmal in ihrem Leben eine Saison in der Bezirksliga zu spielen.
Das untergräbt freilich nicht den Mythos des Senders, der sich selbst als "Greatest Radio Show On Earth" bewirbt, was natürlich voll suprige Ironie ist - zwinker, zwinker. Also war das Geburtstagshallo auch heuer schon Wochen vor seiner Austragung ausverkauft. Gegen den strömenden Schneeregen verteilten Nachwuchshäuslbauer gelbe Plastikpelerinen des voll kuhlen Raiffeisen Clubs. Motto: "Da ist was los."
Über dieses Branding der alternativen Weltjugend Österreichs könnte man einen ganzen Schulaufsatz schreiben, andererseits spielten die - wie soll man sie nennen - Techno-Punks der Mediengruppe Telekommander gerade ihren Abschiedsauftritt, und da wollte man sichergehen, dass sie es sich nicht anders überlegen.
Es folgte das Konzert der norwegischen Band Kaizers Orchestra - Partymusik nach Vorschrift, Applaus nach Verhaltenskodex. So sind Rituale. Sie funktionieren nach Plan, Überraschungen sind darin nicht vorgesehen. Nächstes Jahr hat der Sender seine Jugend endgültig verwirkt, erreicht er seine Volljährigkeit. Vielleicht wird er dann rebellischer. (Karl Fluch, DER STANDARD/Printausgabe 23.1.2012)