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Khaled Meshaal, Hamas-Chef

Foto: AP/Daoud

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Palästinenserpremier Ismail Haniyeh in Tunis bei einer Rede vor Ennahda-Anhängern.

Foto: Reuters/Souissi

„Ich erwarte, dass die Hamas im Jahr 2013 eine normale Partei innerhalb der PLO sein wird", sagt der Direktor des palästinensischen Think-Tanks „Palthink", Omar Shaaban, am Telefon aus Ägypten. Shaaban ist bekannt für seine scharfen politischen Analysen. Mit nur 55.000 US-Dollar Budget im Jahr führt er den einzigen politischen Think Tank in Gaza.

Nicht nur er ist zurzeit in Ägypten. Auch den Politbüro-Chef der Hamas, Khaled Meshaal, zieht es immer öfter nach Kairo. Um Ägypten, so scheint es, dreht sich momentan alles. Das Wahlergebnis in ist dort nun Endgültig: Die Revolution machte aus den Muslimbrüdern die stärkste Partei. Das wirkt sich auch auf die Hamas aus, die mitunter auch ein Zweig der 1928 gegründeten Bruderschaft ist.

„Die Muslimbrüder geben der Hamas sehr viel Freiheit. Meshaal ist ständig in Kairo. Sie versuchen die Hamas zu führen, und zu beeinflussen", meint Shaaban. Auch innerhalb der Hamas würden immer mehr realisieren, dass es Zeit für Kompromisse ist. Daher suche man in Gaza momentan mehr Integration in die ägyptische Muslimbruderschaft und mehr internationalen Kontakt. Das bringe letztlich auch Chancen für den Frieden, meint er. Etwa, wenn die Bruderschaft das Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten aufrecht erhalten würde. Denn dann könnte das auch innerhalb der Hamas eine pragmatische Entscheidung in diese Richtung auslösen.

Doch die steigende Kooperation zwischen Ägypten und der Hamas ist nur eine Dimension der vielen Veränderungen, die die islamistische Hamas zurzeit durchmacht.

"Gewalt ist nicht länger die erste Wahl, aber wenn Israel uns dazu zwingt, haben wir das Recht, und auch mit Gewalt zu verteidigen", meinte Taher al-Nounu, Sprecher von Gaza-Premierminister Ismail Haniyeh, Mitte Dezember. Die prinzipielle Abkehr von Gewalt wurde auch von Khaled Meshaal offiziell bekanntgegeben, auch wenn andere Hamas-Führer im Gazastreifen, wie etwa Mahmud Zahar, dagegen argumentierten.

„Ernsthafter Wandel"

Die Hamas hat zwar immer schon einen inneren Disput über Taktik und Ausrichtung des Widerstandes geführt, doch die deklarierte Bereitschaft zum Wandel weist auf viel Flexibilität und konstruktiven Streit in der Bewegung hin. Der Disput zwischen Meshaal und Zahar beschreibt den Konflikt zwischen der Führung im Exil einerseits, und manchen Hamas-Führern im Gazastreifen, die gegenüber der Bevölkerung nicht den Anschein erwecken wollen, dass der Widerstand gegen Israel aufgegeben wird.

Doch auch der moderate Vize-Außenminister von Gaza, Ghazi Hamad, erklärte: „Wir müssen eine neue Strategie mit unseren Brüdern in Ägypten, Tunesien und Libyen schaffen."

„Das ist ein ernsthafter Wandel. Nur hat der nicht erst vor ein paar Wochen begonnen, sondern schon im Juni 2008, als die Hamas einen Waffenstillstand mit Israel schloss", meint Shaaban zur scheinbaren Abkehr von Gewalt. Außerdem habe die Hamas realisiert, dass ihr die Taktik der Gewalt nichts bringt, und habe deswegen auch immer wieder die Raketenangriffe auf Israel anderer Milizen verhindert „Die Hamas regiert jetzt seit fünf Jahren unter internationalem Boykott. Sie wissen, dass es so nicht weitergeht. Die Armut in der Bevölkerung und viele soziale Probleme bestehen weiter", sagt er.

Die Veränderungen innerhalb und um die Hamas bringen auch Chancen für die internationale Gemeinschaft, stärker auf die Bewegung zuzugehen. „Die Hamas hat einige Entscheidungen getroffen und ist Kompromisse eingegangen, aber der Westen will es einfach nicht wahrhaben", meint Shaaban, und fügt hinzu: „Wir müssen die Hamas in das Haus der internationale Gemeinschaft aufnehmen."