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Rudolf Brazda, Überlebender des Holocaust, am Berliner Homosexuellen-Mahnmal.

Foto: AP/MICHAEL SOHN

Berlin - Das Video mit einem sich küssenden Männerpaar am Homosexuellen-Mahnmal in Berlin wird mit fast zweijähriger Verspätung ausgetauscht. Künftig zeigt der Film zur Verfolgung während der NS-Zeit nicht nur zwei Männer beim Kuss, sondern verschiedene gleichgeschlechtliche Paare - junge und alte, Männer und Frauen. Am Donnerstag wird das neue Video der Öffentlichkeit vorgestellt.

Das Mahnmal am Berliner Tiergarten erinnert an die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. In dem Steinblock, der die Stelenform von Peter Eisenmans nahe gelegenem Denkmal für die ermordeten Juden Europas aufnimmt, wird seit der Einweihung im Mai 2008 in einer Endlosschleife das Video mit der männlichen Kussszene gezeigt. Küsse zwischen Männern waren in der NS-Zeit strafbar.

Kritik von Alice Schwarzer

Die von Alice Schwarzer herausgegebene Zeitschrift "Emma" hatte den Film schon vor der Eröffnung als einseitig kritisiert, weil er die weiblichen Opfer ausschließe. Das dänisch-norwegische Künstlerduo Michael Elmgreen und Ingar Dragset schlug daraufhin vor, das Kuss-Video alle zwei Jahre neu gestalten zu lassen.

Ursprünglich sollte es den ersten Wechsel schon 2010 geben. Der Wettbewerb um die neue Präsentation habe jedoch länger gedauert als geplant, sagte Stiftungssprecherin Felizitas Borzym. Die Neugestaltung stammt nun von den Künstlern Gerald Backhaus, Bernd Fischer und Ibrahim Gülnar.

Umstritten war, ob der lesbischen Frauen genauso gedacht werden sollte wie homosexueller Männer. Weil in dem neuen Wettbewerb nicht ausdrücklich eine männliche Szene gefordert wurde, hatten die LeiterInnen mehrerer KZ-Gedenkstätten in Deutschland im März 2010 vor einer "Verfälschung der Geschichte" gewarnt. Im Nationalsozialismus seien nur homosexuelle Männer verfolgt worden, schrieben sie in einem offenen Brief. Liebe unter Frauen sei zwar verpönt gewesen, aber kein Grund zur Verfolgung.

Opfer gezielter Mordaktionen

Der Lesben- und Schwulenverband, Mitinitiator des Denkmals und Mitglied der Auswahljury, ist mit der jetzt gefundenen Lösung einverstanden. Das Mahnmal habe auch den Sinn, ein Zeichen gegen aktuelle Diskriminierung zu setzen, hatte Bundessprecherin Renate Rampf während der Ausschreibung gesagt. "Wir finden es schön, wenn das Mahnmal beweglich ist und einem Prozess unterliegt."

Während der NS-Zeit wurden rund 50.000 Männer wegen ihrer Homosexualität verurteilt. Teilweise konnten die NS-Behörden die Kastration Verurteilter erzwingen. Mehrere tausend Schwule wurden in Konzentrationslager verschleppt. Ein großer Teil von ihnen überlebte die Lager nicht. Sie starben wegen Hunger, Krankheit und Misshandlung oder wurden Opfer gezielter Mordaktionen. (APA)