Auch für die Turmspringer ist es bitter, dass das Becken in der Stadthalle noch länger leer bleiben wird: Sie müssen in den kommenden Monaten im Ausland trainieren - was zigtausende Euro kostet.

Foto: Der Standard/Cremer

Wien - Nicht dass ein Becken im Stadthallenbad undicht wäre. Alle drei sind es. Die Reinigung des Wassers im großen Becken funktioniert zudem nicht, genauso wenig wie das Heben und Senken des Bodens. Die kaputten Rohrisolierungen sind da ein vergleichsweise kleines Problem.

"Ich fühle mich wie auf einem Begräbnis" , sagt Sandra Hofmann, ab erstem Februar Geschäftsführerin der Stadthalle, während sie am Montag durch die Baustelle spaziert. Um sie herum packen die Bauarbeiter ihre Sachen zusammen, damit bald gerichtliche Sachverständige zur Beweisaufnahme schreiten können.

Seit Mai 2010 wurde die denkmalgeschützte Anlage renoviert, 17 Millionen Euro kosteten die Arbeiten. Die für Herbst geplante Wiederinbetriebnahme wurde bereits auf das Frühjahr verschoben, in zehn Tagen hätte das Bad tatsächlich eröffnet werden sollen - nun ist völlig unklar, wann es so weit sein wird. Die Stadt hat einen sofortigen Baustopp verhängt und das Kontrollamt eingeschaltet.

"Wir haben nicht mehr daran geglaubt, dass der zuständige Architekt die Probleme rechtzeitig behebt" , sagt Hofmann. "Jetzt werden wir ein ganzes Branchenverzeichnis an Sachverständigen brauchen", ergänzt ihr technischer Leiter Florian Friedrich.

Suche nach dem Leck

Anfang Dezember waren die drei renovierten Becken erstmals testweise befüllt worden, drei Wochen später rann Wasser in die Garderobe. Und die Sauna. Und die Haustechnik. Die Bauherren ließen Schaffeln aufstellen und machten sich auf die Suche nach dem Leck - bisher erfolglos. Dafür entdeckten sie zufällig etwas anderes: Als sie das Wasser im Becken rot färbten, um so besser zu sehen, wo es hin rinnt, wurde es auch nach einiger Zeit nicht wieder blau - die Reinigungsanlage arbeitete nicht ordnungsgemäß.

Bei einemProbelauf mit dem Hubboden riss eine der Aufhängungen aus, Wasser schoss in den Keller, in dem die ganze neue Technik steht. "Wir hatten Glück, dass wir die Geräte retten konnten", sagt Hofmann. "Ich stand bis zu den Knöcheln im Wasser."

Für den nächstenTag, den 22. Dezember, war eine Pressekonferenz angesetzt, bei der das renovierte Bad erstmals vorgestellt wurde. In der Hoffnung, alle Probleme rechtzeitig zu lösen, sagten die Verantwortlichen der Stadt vorerst nichts.

"Auch das sollte alles nicht so sein", sagt Hofmann nun, während sie durch den Keller geht. An hunderten Stellen ist hier die Ummantelung der Isolierung undicht, gelbes Füllmaterial blitzt überall hervor. An manchen Stellen ist die gesamte Isolierung abgerissen. "Wenn das nach zehn Jahren so aussieht, kann man nichts machen" , sagt Hofmann. "Aber jetzt?"

Verantwortlich für die Sanierung ist der Tiroler Architekt Georg Driendl. Er hatte unter anderem deswegen den Zuschlag bekommen, weil er lange mit Roland Rainer, dem Planer des Stadthallenbads, zusammengearbeitet hatte. Driendl selbst war am Montagnachmittag für eineStellungnahme nicht erreichbar. Der zuständige Mitarbeiter wollte die Situation im Bad im Gespräch mit dem Standard nicht kommentieren.

Auch Sportstadtrat Christian Oxonitsch (SP) blieb am Montag eher wortkarg: Die Stadt werde nur "ein ordentlich saniertes und funktionstüchtiges Bad übernehmen", teilte er mit.

Teures Ersatztraining

Besonders frustrierend ist die Situation für die heimischen Schwimmsportler, die das funktionstüchtige Stadthallenbad fest für ihre Vorbereitung für die Olympischen Spiele in London im Sommer eingeplant hatten. Die Schwimmer können zwar auf das Stadionbad ausweichen, das mit einer Tragluftdecke ausgestattet wurde; die österreichischen Hallen-Staatsmeisterschaften Anfang März wurden nach Graz verlegt.

Die Springer müssen in den nächsten Monaten aber im Ausland trainieren, und das kostet Geld - "mehrere zehntausend Euro", schätzt Thomas Gangel, Generalsekretär des Schwimmverbands. Wer das zahlen soll, ist noch unklar. Gangel will "eine Lösung mit der Stadt finden". (Andrea Heigl, Tobias Müller, DER STANDARD; Printausgabe, 24.1.2012)