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Am 28. Jänner 2011, einem der blutigsten Tage der Revolution, wurde er noch von Hosni Mubaraks Staatssicherheit verhaftet. Ein Jahr später ist Mohamed Saad al-Katatni der höchste, demokratisch gewählte Ägypter. Die Abgeordneten erkoren ihn zum Präsidenten des ersten Parlaments der Nach-Mubarak-Ära. Es war eine erste Lektion in Demokratie. Auch drei Gegenkandidaten versuchten ihr Glück.

Katatni ist eines der bekanntesten Gesichter der Muslimbrüder, die mit 235 von 508 Mandaten die mit Abstand größte Parlamentsfraktion stellen. Bis jetzt war er Generalsekretär der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, dem politischen Arm der Muslimbrüder, die erst nach dem Sturz Mubaraks gegründet werden konnte. Von diesem Amt ist er bereits zurückgetreten. Er wollte damit ein Zeichen setzen, dass er zu allen Abgeordneten die gleiche Distanz hat.

Der 60-jährige Professor für Mikrobiologie, der auch über einen Abschluss in islamischen Studien verfügt, ist kein Neuling unter der Parlamentskuppel. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war er seit 2005 Abgeordneter für seine oberägyptische Heimatstadt Minya und führte den parlamentarischen Block der Muslimbrüder, die als Mitglieder einer verbotenen Organisation als Unabhängige politisieren mussten. 2008 wurde er auch ins elf-köpfige Leitungsbüro der Muslimbrüder berufen und war dessen Mediensprecher.

Er gehört zum moderaten Flügel der Islamisten und zu jener Strömung, die sich für ein politisches und nicht nur gesellschaftliches Engagement stark gemacht haben. Er ist Mitbegründer der Arabischen Organisation für Parlamentarier gegen Korruption und arbeitete an einem parlamentarischen Reformprogramm mit, das von der britischen Westminister Foundation überwacht wird. Dank dieser Erfahrungen kann er leicht die einzige Kritik entkräften, die gegen ihn vorgebracht wurde - nämlich, dass er kein Jurist sei.

Katatni ist ein Mann des Konsenses, er will nicht polarisieren und niemanden ausschließen. Er hat versprochen, zunächst werde sich das Parlament um die Opfer der Revolution kümmern.

Auf seinem Stuhl saß vor ihm während 20 Jahren der verhasste Fathi Sorour, ein enger Mubarak-Vertrauter und Symbol für Korruption und Machtmissbrauch, der jetzt eine Gefängnisstrafe verbüßt. Katatni muss nun zeigen, dass der Rollentausch allen Ägyptern und Ägypterinnen zugutekommt. (Astrid Frefel/DER STANDARD, Printausgabe, 24.1.2012)