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Die Sonneneruption vom Montag, deren Strahlung am Dienstag die Erde erreichte und einen relativ starken magnetischen Sturm auslöste. Spürbar war dieser nur für Satelliten und im Flugverkehr.

Foto: AP/NASA

Ebenfalls nicht allzu stark dürfte sich eine langfristige Ruheperiode auswirken.

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Washington - Die Ruhephase auf unserem Zentralgestirn scheint für das Erste vorbei. Der aktuelle Sonnenfleckenzyklus, der im Normalfall rund elf Jahre dauert, schien ein besonders ruhiger zu werden: Vor gut einem Jahr wies die Sonne so wenige Flecken auf wie seit hundert Jahren nicht mehr. An solchen Sonnenflecken entstehen die mächtigen Eruptionen, die magnetische Stürme auf der Erde auslösen können.

Forscher vermuteten schon, dass das die Sonne in einen längeren Ruhezyklus treten könnte. Doch 2010 nahmen die Sonnenaktivitäten dann wieder zu, und in der Vorwoche kam es zu einer heftigen Eruption auf der Sonne. Am Montag schleuderte sie ein zweites Mal große Partikelmengen ins All. Nach Angaben der US-Ozean- und Wetterbehörde NOAA ist das die heftigste Eruption seit es seit Mai 2005, die unseren Planeten trifft. Den magnetischen Sturm, der dadurch auf der Erde ausgelöst wurde, schätzen die Experten als "stark" ein; es gibt freilich auch noch die Kategorien "sehr stark" und "extrem".

Die Aufnahmen des Solar Dynamics Observatory der NASA zeigt die Sonneneruption der Größe M8,7 bei einer Wellenlänge von 131 Ångström.

Drei Strahlungswellen

Auf solchen Eruptionen folgen drei Strahlungswellen, die im Laufe mehrerer Stunden danach auf die Erde treffen. Etwa eine Stunde nach der Eruption erreicht elektromagnetische Strahlung unseren Planeten, dann Strahlung in Form von Protonen und schließlich das Plasma, das beim Ausbruch ins All geschleudert wird. Das Plasma sollte am Dienstagnachmittag oder -abend auf die Erdatmosphäre treffen und dort einen magnetischen Sturm auslösen, dessen "schönste" Folgen Nordlichter sind, die man auch noch vergleichsweise weit im Süden beobachten kann. Eine grafische Darstellung der Vorhersage ist hier zu finden.

Für Menschen ist die Extra-Strahlung der Sonne ungefährlich, sie kann aber sensible Teile von Satelliten schädigen können. Die Strahlung könnte zudem die Kommunikation von Flugzeugen stören, die in Polarnähe fliegen. Den sechs Astronauten, die sich momentan an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) befinden, drohte laut einer Analyse der US-Weltraumbehörde Nasa keine Gefahr. Sie müssen nichts unternehmen, um sich vor Strahlung zu schützen.

Besonders heftige Sonneneruptionen können aber sogar Stromausfälle auslösen - wie jenen 1989 in der kanadischen Provinz Quebec. Eine positive Folge der Sonnenstürme ist, dass sie ein wenig beim Weltraumschrott ausmisten helfen. Durch die Strahlung können kleine Trümmer ein wenig in Richtung Erde gedrückt werden und schließlich in der Atmosphäre verglühen.

Der Koronalen Massenauswurf, eingefangen vom Solar Heliospheric Observatory der NASA.

Längerfristige Prognosen

Obwohl die Aktivität der Sonne seit 2010 wieder zunimmt, spekulieren Forscher dennoch darüber, ob unser Zentralgestirn im Laufe des 21. Jahrhundert womöglich wieder in eine besonders ruhige Phase - ein sogenanntes Maunder-Minimum - eintreten könnte. Zuletzt herrschte eine solche Phase zwischen 1645 und 1715 und war damals womöglich für besonders tiefe Temperaturen auf der Nordhalbkugel verantwortlich.

Bei einer Fachkonferenz am Montag in London haben britische Forscher zum einen die Wahrscheinlichkeit mit nur 8 Prozent als gering eingeschätzt, dass es zu so einem Minimum kommen könnte. Ähnlich unwahrscheinlich ist es, dass die Sonne sich so extrem aktiv zeigt wie im 20. Jahrhundert.

Zum anderen machen die Forscher in ihren Prognosen aber auch klar, dass sich die außergewöhnlichen Sonnenaktivitäten nur vergleichsweise gering auf die Temperaturen auf der Erde auswirken würden: Selbst wenn sich die Sonnenaktivitäten auf ein Maunder-Minimum reduzieren sollten, würde das die Temperatur nur um 0,13 Grad Celsius reduzieren - und das bei einem erwarteten Anstieg um 2,5 Grad bis zum Jahr 2100 als Folge des Anstiegs der Treibhausgase. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 25.01.2012)