Luxemburg - Auch wer wegen Krankheit nicht arbeiten kann, hat Anspruch auf Jahresurlaub. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag festgestellt. Der Anspruch auf einen mindestens vierwöchigen bezahlten Jahresurlaub dürfe nicht von einer effektiven Mindestarbeitszeit pro Jahr abhängig gemacht werden. Der Urlaubsanspruch sei "ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts" der EU, von dem nicht abgewichen werden dürfe.

Das höchste EU-Gericht war von einem französischen Berufungsgericht angerufen worden. Es ging um eine Frau, die nach einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit gut ein Jahr krankgeschrieben war. Sie hatte auf Abgeltung von 22,5 Kalendertagen Urlaub in Höhe von 1970 Euro geklagt. Dies war zunächst abgelehnt worden, weil in Frankreich ein Wegeunfall nicht ausdrücklich als Arbeitsunfall gilt und der Urlaubsanspruch an eine effektive Arbeitszeit von mindestens einem Monat pro Jahr gebunden war.

Der EuGH entschied, die EU-Staaten dürften den Urlaubsanspruch "nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen". Auch dürfe das Recht auf Mindesturlaub nicht davon abhängen, welcher Art oder welchen Ursprungs eine Krankheit sei. Für weitergehende Urlaubsansprüche dürfe es aber durchaus je nach Krankheitsgrund unterschiedliche Regelungen geben. Falls der Urlaubsanspruch nach dem französischen Recht von einem Gericht nicht zuerkannt werden könne, so sei auch eine Haftungsklage gegen den französischen Staat möglich.

In Österreich gelten Unfälle auf dem direkten Weg zu und von der Arbeit oder Ausbildungsstätte als Arbeitsunfall. (dpa, ung, DER STANDARD; Printausgabe, 25.1.2012)