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Hirscher zur Einfädler-Affäre: "Ich bin überzeugt, dass niemand im ÖSV irgendetwas anderes als mein Bestes im Sinn hat."

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Schladming - In Sachen Einfädler-Affäre hat der Österreichische Skiverband (ÖSV) am Mittwoch verlautbart, dass "die erhobene Telefonnummer keinem ÖSV-Mitarbeiter zugeordnet werden kann". Weiters stellte der ÖSV fest, "dass es nicht gelingen wird, mit derartigen Aktionen das gut eingespielte Team im Österreichischen Skiverband zu stören". Zu weiteren Mutmaßungen und sonstigen haltlosen Verdächtigungen gebe es künftig vom ÖSV keine Stellungnahme mehr. Auf Anfrage von derStandard.at, woher man die Telefonnummer habe, wollte Markus Aichner, seines Zeichens Medienbetreuer der ÖSV-Herren, keine Auskunft geben und verwies auf die Presseaussendung. Die Sache sei erledigt.

Auch Österreichs Ski-Star Marcel Hirscher hat am Mittwoch mit deutlichen Worten ein Ende der Spekulationen über einen "Maulwurf" im eigenen Lager gefordert. "Ich bin überzeugt, dass niemand im ÖSV irgendetwas anderes als mein Bestes im Sinn hat. Diese Schuldzuweisungen sind unverantwortlich und müssen aufhören", ließ der Sieger des Schladminger Nachtslaloms ausrichten. Hirscher reagierte damit auf einen Bericht der Tageszeitung "Österreich", in dem vermeintliche "Vernaderer" im ÖSV-Betreuerteam namentlich genannt wurden.

Hollywood in Schladming und Kitzbühel

Der alpine Ski-Weltcup schreibt indes kitschige Geschichten. Nach dem Erfolg von Didier Cuche am Samstag bei seiner Abschiedsvorstellung in Kitzbühel endete auch der Nachtslalom am Dienstag in Schladming hollywoodreif: Hirscher, der tagelang Mittelpunkt der Einfädler-Affäre war, carvte vor 45.000 enthusiastischen Fans zum Sieg.

"Das ist der Lohn für die vergangenen Tage", meinte Hirscher, als er am späten Dienstagabend mit einem Glas Sekt auf seinen ersten Triumph auf österreichischem Boden anstieß. Cooler und passender hätte Hirscher auf die Ereignisse seit Samstag nicht antworten können. Doch der 22-Jährige gestand: "Das war wirklich die bisher größte Herausforderung in meinem sportlichen Werdegang. Vor dem zweiten Durchgang hatte ich erstmals seit langem wieder mal richtig Bammel. Ich war sehr nervös." 

"Puh, jetzt musst Gas geben"

Als im Ziel die "1" aufleuchtete, waren Erleichterung und Genugtuung riesig. "Ich konnte es am Anfang nicht glauben, weil ich doch ein paar Fehler gemacht habe. Ich habe nur durch den Platzsprecher gehört, dass ich bis zur Zwischenzeit Zeit verloren habe. Da dachte ich mir: 'Puh, jetzt musst Gas geben.' Im Ziel ging dann ein Kindheitstraum in Erfüllung. Schladming ist das absolute Highlight der Saison."

Gefeiert wurde auf dem Siegespodest mit einer standesgemäßen Sektdusche, brennende Augen gab es bei Hirscher aufgrund einer schützenden Skibrille nicht. Ein Trick, den er sich von seinen Motocross-Helden Ken Roczen und Jeffrey Herlings abgeschaut hat. Der Weg aufs oberste Treppchen war in den vergangenen Tagen kein leichter gewesen.

Lektion fürs Leben

"Mit 22 Jahren sind wahrscheinlich wenige Leute in so einer Situation. Ich habe viel gelernt fürs Leben und hoffe, dass ich mich mit solchen Sachen nie wieder auseinandersetzen muss. Jetzt blicke ich nach vorne", sagte der ÖSV-Jungstar über die Stunden voller Gerüchte, Sticheleien, Diskussionen und Zweifel. Wichtig waren für Hirscher Freundin Laura, die Familie und das engste sportliche Umfeld. "In solchen Zeiten ist es sehr wichtig, ein gutes Umfeld zu haben. Das sind Leute, die wirklich zu mir stehen."

Die Basis zum Sieg wurde für Hirscher bereits am Montagabend gelegt, da kam es nämlich zur großen Aussprache und öffentlichen Versöhnung mit Ivica Kostelic. "Das war megacool vom Ivica, dass er der Aussprache zugestimmt hat. Ich bin ein Typ, der es sofort ausdiskutieren muss, wenn etwas zwischen mir und einem anderen steht. Vor allem wenn es sich um ein Idol von mir handelt. Wir sind beide keine Lügner, wir verstehen jetzt die jeweilige Meinung des anderen. Für mich war dann am Montagabend die Welt schon wieder so gut wie okay", sagte der Annaberger.

Geierschnabel-Trick

"So gut wie", weil es bis zum Nachtrennen noch die sportliche Verunsicherung abzulegen galt. Schließlich hat Hirscher in Wengen und Kitzbühel zweimal in Serie - zweifelsohne - eingefädelt. Deshalb griff Hirscher beim Nightrace erstmals zu den Skiern mit Geierschnäbeln. "Das war eine kluge Entscheidung", sagte Hirscher. "Beim Training am Renntag hat es weder negative noch positive Auswirkungen gehabt. Deshalb bin ich mit den Schnäbeln gefahren, weil dadurch die Wahrscheinlichkeit eines Einfädlers nicht so hoch ist."

Und mit den Schnäbeln absolvierte Hirscher den Tanz auf der Rasiermesserklinge mit Bravour, das Spiel mit dem Limit gibt ihm den Kick. "Das ist das Schönste beim Skifahren. Wenn du ein Rennen gewinnst, obwohl du 103 Prozent riskierst und die Chance eines Ausfalls 50 Prozent ist. Das ist dann ein megatolles Gefühl." Dass auch Kostelic als Vierter im Spitzenfeld landete, freute Hirscher: "Wir haben nach dem Hokuspokus beide einen guten Job gemacht, jetzt steht wieder der Sport im Vordergrund."

Gesamt-Weltcup kein Thema

Auf die Frage, ob nun wieder der Gewinn des Gesamt-Weltcup ein Thema sei, gab es von Hirscher eine klare Antwort: "Nein, den hat ja ohnehin schon Kostelic gewonnen." Deshalb wird sich Hirscher auch weiterhin voll auf seine Paradedisziplinen Slalom und Riesentorlauf konzentrieren. Die nächsten Weltcup-Stationen Garmisch-Partenkirchen (Super-G, Abfahrt) und Chamonix (zweimal Abfahrt, Super-Kombination) sind kein Thema.

Hirscher wird entweder zum Kennenlernen des Olympia-Gebiets in Sotschi am 11. und 12. Februar (Abfahrt, Super-Kombination) oder dann eine Woche später in Bansko (Riesentorlauf, Slalom) in den Weltcup zurückkehren. "Jetzt werde ich einmal unbedingt ein paar freie Tage nützen, da habe ich abseits vom Skifahren schon einiges geplant. Dann werde ich mit voller Motivation und neu gesammelten Kräften wieder durchstarten."  (APA/red)