Wien - Kindern einer Österreicherin steht die österreichische Staatsbürgerschaft zu, auch wenn sie von einer ausländischen Leihmutter in einem anderen Staat geboren wurden. Dies stellte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in einem am Dienstag zugestellten Erkenntnis fest. Ein - auf Betreiben des Innenministeriums - anderslautender Bescheid des Wiener Magistrats wurde aufgehoben.

Gebärende ist auch die Mutter

Die Leihmutterschaft wurde in Österreich mit dem Fortpflanzungsmedizingesetz verboten. Dabei wurde ausdrücklich im Gesetz festgestellt, dass die Mutter eines Kindes jene Frau ist, die es geboren hat. Darauf beriefen sich die Behörden in ihrer Entscheidung, den Kindern einer Österreicherin und eines Italieners die (vorher verliehene) Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Die Österreicherin konnte (nach Entfernung der Gebärmutter) keine Kinder bekommen - und so wurden die Kinder mit ihren Eizellen und den Samenzellen ihres Mannes in vitro gezeugt, aber von einer US-amerikanischen Leihmutter zur Welt gebracht. Nach der Geburt 2006 und 2009 stellte ihnen der Magistrat der Stadt Wien jeweils einen Staatsbürgerschaftsnachweis aus.

Innenministerium gegen Entscheid

Das missfiel dem Innenministerium, als es 2009 über einen Kindergeld-Antrag von der Sache erfuhr. Das Ministerium forderte den Magistrat auf, "die Frage der Staatsbürgerschaft entsprechend zu beurteilen". Das Verfahren wurde wieder aufgenommen und den Kindern 2010 die Staatsbürgerschaft aberkannt.

Denn sie hätten sie nicht durch Abstammung erworben, weil sie in den USA geboren wurden und die Leihmutter als ihre Mutter gelte, befanden die heimischen Behörden. Die Beschlüsse der US-Gerichte - mit denen der Österreicherin und ihrem Mann die Elternschaft zugesprochen wurde - wollten sie nicht anerkennen, weil sie gegen den "ordre public" (also grundlegende Werte der Rechtsordnung) verstoßen würden.

"Wohl des Kindes" außer Acht gelassen

Dem trat der VfGH entschieden entgegen. Die Behörden hätten "Willkür geübt", steht im Erkenntnis - indem sie das "Wohl des Kindes" völlig außer Acht gelassen und die Rechtslage "gehäuft verkannt" hätten. Denn das Verbot der Leihmutterschaft zähle nicht zu den fundamentalen Werten der Rechtsordnung. Und es widerspräche dem Wohl des Kindes, ihm alle Ansprüche gegenüber seiner genetischen Mutter zu nehmen und die Leihmutter in die Rolle der rechtlichen Mutter zu drängen, obwohl sie das weder sein könne noch wolle. (APA)