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Brüssel - Die Deutsche Post muss auf Geheiß der EU-Kommission dem Staat Beihilfen in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro zurückzahlen. Der Bonner Konzern habe zu viel Geld für Briefe kassiert und Hilfen des Staates für Beamtenpensionen erhalten, entschied die Brüsseler Behörde am Mittwoch. Die Post kündigte umgehend eine Klage gegen den Beschluss an - und zeigte sich optimistisch, erneut vor Gericht eine Beihilfeentscheidung der EU-Kommission kippen zu können. Die Rückzahlung berücksichtigt sie deshalb erst gar nicht bei ihrer Dividenden- und Ertragsplanung.

Aus einer Kombination hoher regulierter Preise und Subventionen für Pensionszahlungen an Beamte sei ab 2003 eine illegale Beihilfe von 500 Mio. bis zu einer Milliarde Euro entstanden, erklärte die EU-Kommission in Brüssel. "Diese Beihilfen verschaffen der Deutschen Post gegenüber ihren Wettbewerbern einen Vorteil." Die genaue Höhe des Betrags, den der Konzern an den Staat zahlen muss, müssen die deutschen Behörden noch ermitteln. Die Kommission genehmigte zugleich Ausgleichszahlungen für den Universal-Postdienst in Höhe von 5,6 Mrd. Euro.

Wettbewerbsverzerrung verhindern

"Unser Ziel ist es, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, damit Bürger und Unternehmen von den Vorteilen einer völligen, bald in allen Mitgliedstaaten abgeschlossenen Marktöffnung profitieren können", sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Die EU-Kommission hatte 1999 eine Prüfung staatlicher Beihilfen an die Deutsche Post eingeleitet, die sie 2007 und zuletzt im Mai 2011 ausweitete. Eine Klage der Post gegen die Untersuchungen war im Dezember vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) abgewiesen worden. Die Post hatte schon einmal 2010 einen Rechtsstreit mit der Kommission vor dem EuGH über 572 Mio. Euro angeblicher Subventionen gewonnen. Inklusive Zinsen waren dem Bonner Konzern dann über 900 Mio. Euro aus der Staatskasse zugeflossen. Die Luxemburger Richter hatten damals bemängelt, die EU-Wettbewerbshüter hätten nicht ausreichend geprüft, ob ihre Vorwürfe berechtigt seien.

"Das ist eine lange Geschichte von Fällen, Anfechtungen und Urteilen - wir versuchen jetzt, alle offenen Fragen dieser langen Saga abschließend zu klären", sagte Kommissar Almunia. Die Kommission werde ihre Entscheidung im Falle einer Klage aber vor Gericht entschlossen verteidigen.

Post kritisiert

Dazu erhält die Kommission bald Gelegenheit: "Die Rückzahlungsentscheidung der EU-Kommission ist nicht nachvollziehbar und entbehrt jeglicher Grundlage", kritisierte Post-Chef Frank Appel. Der Post-Vorstand sei "überaus zuversichtlich, dass diese Entscheidung vor Gericht keinen Bestand haben wird und gehen von einer Rückzahlung des Betrags inklusive Zinsen aus", unterstrich er. Die Zahlung solle lediglich in der Bilanz 2012 erfasst werden, die Ertragslage werde ebenso wie die Dividende für 2011 damit nicht berührt. Das operative Gewinnziel für 2011 habe der Konzern erreicht, versicherte Appel. Die Post hatte ein Ebit von mehr als 2,4 Mrd. Euro für das vergangene Jahr prognostiziert.

Die Monopolstellung staatlicher Postunternehmen wurde in den vergangenen Jahren in der EU aufgebrochen. Trotzt der vollständigen Liberalisierung des deutschen Briefmarktes 2007 liegt der Marktanteil des ehemaligen Monopolisten noch immer bei rund 90 Prozent. Neben der Post hat sich indes noch kein Konkurrent bereit gefunden, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Briefen sicherzustellen. Wettbewerber konzentrieren sich vor allem auf die weitaus profitablere Geschäftspost.

Die Mitgliedstaaten dürfen den Postbetreibern Zusatzkosten für Dienstleistungen im allgemeinen Interesse, wie etwa die flächendeckende Versorgung mit Postdiensten, erstatten. Die Kommission genehmigte deshalb Ausgleichszahlungen von 5,6 Mrd. Euro, die der Staat der Post von 1990 bis 1995 für die Kosten des Universal-Postdienstes zahlte. Auch darf den ehemaligen Staatsbetrieben kein Nachteil aus ihrer Pflicht entstehen, Beamtenpensionen zu zahlen. Eine Überkompensation zum Nachteil privater Postkonkurrenten ist jedoch verboten.

Insgesamt habe die Post seit 1995 vom Staat rund 37 Mrd. Euro zur Finanzierung der Beamtenpensionen erhalten, erklärte die EU-Kommission. Die Post habe zudem ein Teil der Portoeinnahmen dazu eingestrichen. Schließlich habe die Post geringere Sozialversicherungsbeiträge für Beschäftigte zahlen müssen als die private Konkurrenz. Der unfaire Vorteil belaufe sich insgesamt auf 500 Mio. bis eine Milliarde Euro ab 2003. Die Berliner Regierung habe die Anzahl der Beamten nicht übermittelt und müsse den Betrag deshalb selbst ausrechnen, sagte Almunia.

Die EU-Kommission nahm auch in Belgien, Frankreich und Griechenland die staatlichen Ausgleichszahlungen für universelle Postdienste ins Visier. Die belgische Post muss 417 Mio. Euro zurückzahlen. Für Frankreich und Griechenland wurden die Beihilfen dagegen genehmigt. (APA/Reuters)