Der Kapitän der Costa Concordia hat in einem abgehörten Telefongespräch zugegeben, das Schiff vorzeitig verlassen zu haben: "Als es sich zu neigen begann, bin ich von Bord gegangen", soll Francesco Schettino einem Freund erzählt haben. Die Carabinieri hatten Gespräche des Kapitäns vor seiner Festnahme abgehört. "Ich hätte nicht so nahe an die Insel fahren sollen" , soll er dabei gesagt haben. "Nur weil ich auf diesen blöden Manager gehört habe, der mich unter Druck gesetzt hat."

Weitere Zeugenaussagen bestätigen indes die Verharmlosung des Schiffbruchs durch Costa-Verantwortliche. Mehrere Offiziere berichteten, der Bordkommissar habe die Besatzung aufgefordert, keine Schwimmwesten anzulegen, "um die Passagiere nicht in Alarmstimmung zu versetzen" .

Die Anwältin Giulia Bongiorno hat eine Sammelklage gegen den Schiffseigner angekündigt. Sie vertritt bisher 30 Passagiere. Die Staranwältin hatte zuletzt in Perugia im Prozess um den Mord an einer Studentin den Mitangeklagten von Amanda Knox, Raffaele Sollecito, verteidigt und für Ex-Premier Giulio Andreotti beim Mafia-Prozess einen Freispruch erwirkt.

Unfall 2005 vertuscht

Schwere Vorwürfe gegen Costa erhob auch ein Fotograf aus Pisa, der über eine vertuschte Kollision eines Costa-Schiffes im Mai 2005 mit einem Felsen vor Sorrent berichtet. Er habe den Riss im Schiff fotografiert, sei von einem Costa-Vertreter jedoch dazu genötigt worden, die Bilder herzugeben. Der Unfall sei als Kollision mit einem Wal verkauft worden.

Die Geschichte der "Verneigungen" der Schiffe vor der Insel Giglio reicht scheinbar weit zurück. Costa-Kapitän Mario Palombo schildert in seinen Memoiren am 1. Oktober 1993: "Das mächtige Costa-Schiff fuhr ganz nahe an der Insel vorbei, die auf der Hafenmauer versammelte Bevölkerung grüßte begeistert" , so der aus Giglio stammende Kapitän, dem Schettinos Gruß gelten sollte.

Bei einer Anhörung im Senat hat Costa-Chef Pierluigi Foschi seine Reederei verteidigt. Aus Schettinos Berichten sei der Notstand zunächst nicht erkennbar gewesen sagte er.

Um das Wrack liegt inzwischen die Konzentration von Chemikalien klar über den Grenzwerten, berichteten italienische Medien. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2012)