Da den AUA-Mitarbeitern die hauseigene Kantine verweigert wurde, wanderte man in ein Bürozentrum aus.

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Die Flugbegleiterinnen und Kapitäne waren durchwegs gut gelaunt.

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750 Mitarbeiter, ein Drittel des fliegenden Personals, fanden ihren Weg zur Betriebsversammlung.

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Zuvor wurden Anwesenheitslisten unterschrieben.

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Insgesamt zeigte sich die Crew mit geschwellter Brust.

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In der AUA scheinen die Misstöne zwischen Mitarbeitern und Geschäftsführung eine selten da gewesene Dissonanz angenommen zu haben. Donnerstagfrüh kamen große Teile des AUA-Bordpersonals zusammen, um gegen den vom Management im Alleingang ausgearbeiteten neuen Kollektivvertrag (KV) zu protestieren. Die Gewerkschaft kritisierte dabei vor allem die deutsche Mutter Lufthansa und den neuen AUA-Chef Jaan Albrecht. Dessen ständige Beschwichtigungen stünden konträr zum Vertragsentwurf. "Er lügt, oder er hat gar keine Ahnung, was in dem Papier drinnensteht", tönte Bord-Betriebsratschef Karl Minhard vor 750 Flugbegleiterinnen und Kapitänen. Dass die AUA seit Jahren Verluste schreibt, kam nur am Rande vor.

"Albrecht gibt zwar vor, keine Kündigungen auszusprechen, tut aber andererseits alles dafür, Verträge leichter auflösen zu können", sagte Minhard verärgert. Er spielte dabei auf kürzere Kündigungsfristen und niedrigere Abfertigungen an, die Teil des Management-Vorschlags seien. Das Personal habe schon längst seinen Beitrag zu den Sparvorhaben der Lufthansa geleistet, die Führungsriege müsse jetzt auch die Systempartner der Fluglinie, namentlich den Flughafen Wien und die Regierung, in die Pflicht nehmen. Minhard fürchtet aber in jedem Fall Kündigungen, weniger Flugzeuge bedeuteten weniger Personal. In der Versammlung, die aufgrund von "feuerpolizeilichen Vorschriften" nicht in der AUA-Kantine, sondern im gegenüberliegenden Bürohaus stattfand, war von bis zu 500 Mitarbeitern die Rede. Das dementiert die Fluglinie freilich. "Es wird keine Gehaltskürzungen und keinen Mitarbeiterabbau geben", so ein Unternehmenssprecher.

Länger und flexibler arbeiten

Es sind unzählige Details, die die Mitarbeiter auf die Palme bringen. Sie würden praktisch ein Ende der großzügigen Arbeitsverträge, die weit über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen, bedeuten. Zu nennen sind das Ende der automatischen Inflationsanpassung, längere Arbeitszeiten und ein flexiblerer Dienstplan. Auf diese Anliegen reagierten die Protestierenden noch mit Unverständnis. Häme regnete es spätestens, als Minhard erklärte, auch das Essensgeld werde in vielen Fällen gestrichen - schließlich gebe es ja "Crewmeals" (Bordverpflegung, Anm.). "Das will ja eh keiner", tönte es daraufhin im prall gefüllten Raum, in dem ein Drittel des fliegenden Personals, die Rechtsanwälte der Arbeitnehmervertreter und auch der Betriebsrat des Bodenpersonals Platz genommen hatten.

"Nichts mehr hergeben"

Ganz ernst nehmen die AUA-Mitarbeiter den Managementplan sichtlich nicht. Die meisten waren gut gelaunt, man scheint sich in den roten Kostümen und marinblauen Anzügen sehr sicher zu fühlen. "Die Auswirkungen einer KV-Kündigung sind überschaubar", sagte Minhard. Schließlich liefen die alten Verträge weiter. Probleme gebe es nur im Falle einer Insolvenz. Bisher wird die AUA von ihrer deutschen Mutter Lufthansa gestützt. Sie habe sich bereiterklärt, Eigenkapital zuzuschießen, allerdings müsse auch in diesem Ausmaß gespart werden. "Vernünftigen Verhandlungen" will sich die Gewerkschaft nicht verschließen, über das vorgelegte Papier werde aber nicht verhandelt. Die AUA hat derweil bereits um einen Gesprächstermin angesucht.

"Nichts mehr hergeben", war der Tenor der Pilotinnen und Flugbegleiter, der in vielen Wortspenden zum Ausdruck kam. Geben müsse hingegen die Lufthansa, die die Schuld an der AUA-Misere trage. Monatelang habe man ab Dezember 2010 auf einen neuen Chef (Thierry Antinori) gewartet, der dann aber im letzten Moment abwinkte. Bis der neue Chef Jaan Albrecht im Herbst letzten Jahres sein Amt antrat, sei ein Jahr des Nichtstuns vergangen, beschied die Gewerkschaft.

Umso tatkräftiger scheint sich Albrecht jetzt zeigen zu wollen. Seit mehreren Wochen lässt er alle Strukturen prüfen. Albrecht geht es um Änderungen der ganzen Firma und in allen Beschäftigungsgruppen. Davon ist auch Tyrolean betroffen, deren Pilotencrews heute schon bis zur Hälfte billiger kommen als die Mannschaften nach den ursprünglichen alten AUA-Tarifverträgen. Ob Tyrolean ausgetöchtert bleibt oder mit der AUA ganz zusammengelegt wird, ist offen.

Albrecht allein zu Haus

Wenn es aber jemanden gibt, zu dem das Personal noch weniger Draht hat als zur Lufthansa, dann ist es Neo-Boss Albrecht. Der will Verhandlungen ohne "frustrierendes Hin und Her". Rund um ihn habe sich "ein recht dubioses Team" gebildet, so Minhard. Der Bord-Betriebsratschef und auch sein anwesendes Pendant der am Boden tätigen Kollegen, Alf Junghans, machten sich am Donnerstag wiederholt über Albrecht lustig und stießen dabei beim Publikum auf große Resonanz. Diesen kämpferischen Sagern wollten einzelne Zuhörer in nichts nachstehen. Albrecht hätte seine Vorschläge doch lieber auf "Klopapier" drucken lassen, beschied ein Versammlungsteilnehmer.

Dass die von der Lufthansa vorgegebenen Sparprogramme, die auch die zentrale Bündelung von Funktionen der Töchter, Flottenbereinigungen und Einsparungen in den Streckenplänen beinhalten, weitergehen, steht aber auch für die Belegschaft außer Frage. Sie will jedoch die Einschnitte für die Mitarbeiter möglichst gering halten. Kündigt die Lufthansa den KV einseitig auf oder fällt die Inflationsanpassung am 29. Februar dieses Jahres aus, will man weitersehen. "Wir lassen uns dabei nicht auseinanderdividieren", sind sich Minhard und Junghans einig. (sos, APA, derStandard.at, 26.1.2012)