ModeratorIn: derStandard.at begrüßt den Grünen Nationalrats-Abgeordneten Karl Öllinger im Chat. Wir bitten die UserInnen um Fragen ...

Karl Öllinger: Guten Tag- ich freue mich auf Ihre ''Fragen!

Günther Seehofer: Frage zum WKR-Ball: Finden Sie nicht, dass diese Veranstaltung und die Teilnehmer durch diese massierte Kritik erst recht aufgewertet wird?

Karl Öllinger: Ich bin der Meinung, dass der Burschenschafter-Ball dadurch, dass er bisher in der Hofburg stattfinden konnte, die höchste Aufwertung erhalten hat. Können Sie sich vorstellen, dass im ''Elysee"-Palast Burschenschafter oder Rechtsextreme wie Le Pen auftanzen dürften?

Andreas Sonnberger2: Sehr geehrter Herr Öllinger, wie bewerten sie die aktuelle Ablöseforderung von der Parteivorsitzenden, die heute von ihrem Tiroler Parteikollegen gekommen ist? Von Frau Glawischnig war in den letzten paar Wochen kaum was zu hören, hätten die Grünen

Karl Öllinger: Der Vater von Eva Glawischnig ist vor einer Woche gestorben - das zum "Abtauchen". Ich kann mit der Meinung von Gebi Mair, die übrigens eine Einzelmeinung in Tirol ist, soweit ich das bisher mitgekriegt habe, auch nichts anfangen!

Everchange 2.0: Sehen Sie in der Forderung von Gebi Mair einen taktischen Schachzug Herrn Willi nach Wien zu loben, um selbst in seine Position aufrücken zu können? Oder sind die Vorbehalte gegen Glawischnig ihrer Meinung nach bei den Grünen im Westen Österreichs w

Karl Öllinger: Ich beteilige mich nicht an Spekulationen über Taktik und ich kann auch keine Vorbehalte gegenüber Eva Glawischnig erkennen. Ich denke, wir wären gut beraten, über unsere Inhalte, unsere Performance, unsere Forderungen zu diskutieren. Das ist immer gut. Nachfolgerätsel ermüden mich.

Andreas Sonnberger2: Sgt. Hr. Öllinger, die Grünen liegen bei aktuellen Umfragen bei 14%. Das ist zwar um ca. 3% mehr als bei der letzten Wahl. Aber ist das nicht ein bißchen wenig in Anbetracht der Tatsache, dass die aktuelle Regierung einen schlechten Eindruck hinterl

Karl Öllinger: Mir sind 14 Prozent auch zu wenig! Wenn die Grünen etwas verändern sollen - und da gäbe es genug zu tun, dann könnten wir sicher mehr als 14% brauchen. Andererseits, langsames Wachstum ist besser, dass sieht man ja bei der FPÖ: die ist sehr schnell gewachsen unter Haider - das 'Ergebnis waren dann etliche Korruptionsblasen, die uns heute noch immer beschäftigen.

Beernziunz Baldwieder: Geehrter Herr Öllinger, wie stehen Sie zur Wortmeldung aus Tirol bzgl. Fr. Glawischnig? Persönlich würde ich eine Ablösung selbiger begrüßen und würde gerne eine Person wie Hrn. Kogler oder Sie an der Spitze sehen, da authentischer. Keine Intention

Karl Öllinger: Sorry, ich halte gar nichts davon!

Systemanalytiker: Die grüne Regierungsbeteiligung in Wien ist eine Enttäuschung. Was passiert in der Wiener Stadtverwaltung? -) illegale Parteienfinanzierung der SPÖ, -) zahlreiche Vergabemalversationen, -) brutale Hetze gegen Gemeindebaumieter

Karl Öllinger: Halten wir mal auseinander: die Grünen haben ein Ressort in Wien. Das, was sie kritisieren, betrifft die SPÖ. Für die sind wir gottseidank nicht verantwortlich! Sie müssten mir gegenüber auch deutlicher werden bei den Vorwürfen: wo findet brutale Hetze gegen Gemeindemieter statt, wo gibt es Vergabemalversationen und illegale Parteienfinanzierung? Das sind ja massive Vorwürfe, denen selbstverständlich nachgegangen werden müsste!

Andersen: Herr Öllinger, was gedenken die Grünen zu tun damit die FPÖ nicht noch mehr unbedarfte Wähler aufgrund der Unfähigkeit der jetzigen Regierung abstaubt und nach den nächsten Wahlen solche Drohungen wie von Herrn Jung vorgebracht, wahrmachen kann?

Karl Öllinger: Was ich derzeit sehe: es leigt viel Arbeit vor uns, um die WählerInnen zu überzeugen, dass eine FPÖ in der Regierung uns im besten Fall wieder in die Verhältnisse unter Schwarzblau zurückwerfen würde. Ich bin auch ungeduldig, aber wir werden nicht allein die Republik retten können. Entscheiden tun das die WählerInnen!

Bettler: Was können die Grünen von der deutschen Piratenpartei lernen?

Karl Öllinger: Das ist sehr schwierig zu beantworten: die Grünen sind ein beschriebenes Blatt, die Piraten waren im Vorjahr noch ein völlig unbeschriebenes. Was wir lernen können? Der Unmut über die Parteien ist offensichtlich sehr groß, sonst würde nicht eine weitgehend unbekannte Partei diesen Erfolg einfahren in Berlin. Inhaltlich vertreten sie ja einiges, was die Grünen auch in ihrem Programm haben.

rosa parks: Sie haben gestern behauptet, dass es bei schlagenden Burschenschaften eine Regel gibt, wonach „Juden von Geburt aus ehrlos“ und „ethisch tiefstehende Subjekte“ seien. Wenn das wirklich so ist, dann ist das doch eindeutig Verhetzung im Sinne des Stra

Karl Öllinger: Die deutschen Burschenschaften in Österreich haben sich nie vom sog. "Waidhofner Prinzip", das Juden zu "ehrlosen Subjekten" erklärte, distanziert. Noch im Vorjahr haben die deutschen Burschenschaften so etwas wie einen "Arierparagraphen" beschlossen für die Aufnahme von Mitgliedern. Die stecken noch tief drinnen in ihrer Vergangenheit. Da finde ich es mehr als scheinheilig, wenn Martin Graf dann Gedenkfeiern für die Befreiung des KZ- Auschwitz als legitim und wichtig erklärt!

Tom A. Hawk: Was halten Sie von der Anonymous bzw. AnonAustria Bewegung?

Karl Öllinger: Ich finde, sie hat unser Bewußtsein über die Verletzlichkeit des Internet enorm geschärft.

chavalo: Sie waren ja auch initiativ, dass endlich die opfer des Austrofaschismus als solche anerkannt werden. In diesem Zusammenhang meine Frage: Hängt im ÖVP Klub immer noch das Dollfuß Bild?

Karl Öllinger: Ja, soweit ich weiß. Die Hauptarbeit bei der Anerkennung der Opfer des Austrofaschismus haben allerdings meine Kollegen Steinhauser und Walser gleistet und auch unsere parlament. Mitarbeiter. Dass es diesen Fortschritt gegeben hat, da bin ich wirklich froh, auch wenn noch längst nicht alle Barrieren beseitigt sind.

Trollblume: Was sagen Sie zu den Schließeungen von Dorfschulen in der Steiermark? Ist das im Sinn Grübner Bildungspolitik?

Karl Öllinger: Nein und ja! Dorf- oder Zwergschulen bieten natürlich für die Kinder, die in ihnen unterrichtet werden, meines Erachtens viel mehr Chancen und Fördermöglichkeiten als die traditionellen Jahrgangsklassen. Das ist etwas, was man unbedingt in eine Schulreform mitnehmen sollte! Sie sind auch Mini-Gesamtschulen. Aber es ist natürlich nicht möglich, diese wichtigen Prinzipien überall dort weiterleben zu lassen, wo z.B. 10 oder 20 Kinder die ganze Schule ausmachen bzw. von Jahr zu Jahr weniger werden.

twinter: Sehr geehrter Herr Öllinger. Werden sich die Grünen bei dei Verhinderung der Schiefergasbohrungen im Weinviertel genauso energisch einsetzen so wie einst bei der Hainburg Besetzung ?

Karl Öllinger: Tun wir doch!

Isegrim1: Sehr geehrter Herr Öllinger! Bei Demos kommt es ja immer wieder zu Gewaltausschreitungen und zu Verletzungen bzw. Sachbeschädigungen, dabei ist die Polizei immer der Verlierer (entweder weil sie zu wenig durchgreift oder zu hart). Warum zeigen die O

Karl Öllinger: Ich halte nichts, aber auch schon gar nichts von Gewalt bei Demonstrationen. Auch wenn ich die Polizei bzw. den Verfassungsschutz heftig kritisiere im Umgang mit bzw. bei der Einschätzung von Rechtsextremismus und Neonazis: ich halte es für grundfalsch, das mit Gewalt unterstreichen zu wollen. Ich bin mir sicher, dass die Demonstration heute freidlich sein wird, weil sich die TeilnehmerInnen ihrer Verantwortung bewusst sind. Eine Haftung oder Schadenersatz halte ich jedoch nicht für sinnvoll - was können friedliche DemonstrantInnen dafür, wenn irgendjemand - möglicherweise ein Provokateur - auszuckt?

Der Chronist: Würden Sie eine Minderheitsregierung eingehen, um die FPÖ aus der Regierung zu halten?

Karl Öllinger: Ja, wenn die Bedingungen passen!

Detlefina Haber: H.C. bekommt einen Orden verliehen. Was halten Sie von dem Usus, jedem zweiten Politiker einen Orden hinterher zu werfen, so lange er halbwegs lang genug dabei ist, bzw. hätten Sie auch gerne mal einen Orden?

Karl Öllinger: Ich oute mich: habe einen erhalten. War eine lustige Sache, wobei man über die Voraussetzungen durchaus geteilter Meinung sein kann. Bei mir war's so, dass nach 10 Jahren stv. klubobmann der Orden fällig wurde, Dann wird man gefragt, ob man ihn annehmen will. Ich wurde von Khol gefragt, der mich zuvor als gewalttätigen Demonstranten und Linksextremen beschimpft hatte. Da konnte ich nicht anders als Ja zu sagen. Dann haben sie in der schwarzblauen Bundesregierung noch 1 jahr fast überlegt, ob sie mir den Orden geben sollen.... war eine nette Ordensverleihung dann mit Ansprache von mir!

wasndas: Wäre eine Allianz mit der SPÖ in bestimmten Dingen möglich?

Karl Öllinger: Rein sachlich, sicher! Wir haben sicher mehr Schnittflächen mit der SPÖ als mit der ÖVP. wie ich die SPÖ aber kenne, wird sie eher mit der ÖVP weitermachen wollen! Das hatten wir ja alles schon!

Amy Beluci: Sehr geehrter Herr Öllinger, die Grünen sind die einzige Partei die mit allen Korruptionsaffairen der letzten Zeit nichts zu tun haben, denken sie das dieses Thema einer "sauberen Partei" sich nicht hervorragend als Wahlkampfthema für die nächste Na

Karl Öllinger: Meine Vermutung ist, dass die WählerInnen zwar dankbar sind, dass die Grünen fast alle wichtigen Korruptionsfälle der letzten Jahre aufgedeckt haben, aber es nicht lohnen. Es ist der Eindruck vorherrschend: sind eh alle Gauner und die Grünen würden daqs auch machen, wenn sie in der Regierung wären. In Italien wurde ein Berlusconi mehrmals wiedergewählt, obwohl eigentlich alle wissen konnten, dass er in erster Linie die Gesetze für sich und seine Firmen gerichtet hat.

Everchange 2.0: Werden Sie heute an den Demonstrationen gegen den WKR Ball teilnehmen?

Karl Öllinger: Ich werde an der Kundgebung am Heldenplatz ab 18.30h teilnehmen - selbstverständlich!

Miklaus Röchlinger: Warum gelingt es den Grünen in Österreich - im Gegensatz zu Deutschland - nicht, das Potential an Protestwählern zu binden, das stattdessen Strache in die Arme rennt?

Karl Öllinger: Die Grünen in Deutschland liegen derzeit auch in etwa bei 14 Prozent. In Deutschland gab und gibt es, das ist ein großer Unterschied, einen Konsens zwischen allen demokratischen Parteien, Rassismus und Anklänge an Nazi-Ideen nicht zu tolerieren. Auch in anderen Ländern gibt es einen Cordon sanitaire gegenüber der Extremen Rechten. SPÖ, aber noch mehr die ÖVP in den letzten Jahren (siehe Wahl von Graf) haben dass aus wahltaktischen Motiven nie gemacht. Das ist ein wichtiger Unterschied!

Pete_Seeger: Hr.Öllinger inwieweit ist für die heutige Kundgebung am Heldenplatz mit Bands usw. die grüne Stadtregierungsbeteilungung verantwortlich? Wäre sowas unter rot auch möglich gewesen?

Karl Öllinger: Die Wiener Grünen waren da sehr aktiv, keine Frage. Ohne die Wiener Grünen wäre da nicht so viel passiert . Ich finde ja, dass die SPÖ dann, wenn sie klar gegenüber den Rechten agiert, wie das Häupl in früheren Zeiten auch schon gemacht hat, auch von den WählerInnen gut verstanden wird! Das Schweigen oder Herumnuscheln ist das Problem!

Steverd: Top-Thema derzeit ist ja das noch nicht veröffentlichte Sparpaket und die Schuldenbremse. Was ist der Vorschlag der Grünen aus dieser Misere rauszukommen?

Karl Öllinger: Ich bin ein Gegner der Schuldenbremse. Die Schuldenbremse zwingt Europa in die Austerität, das ist nicht gut, weil das bedeutet weiter sinkende Einnahmen und - laut Schuldenbremse - dann weitere Sparpakete usw.. Warum sollen die normalen BürgerInnen die Hauptlast zahlen für etwas, was sie nicht verursacht haben. Unsere Vorschläge waren Finanztransaktionssteuer (schon vor 10 Jahren) - da haben alle aufgeheult. Jetzt finden sie eh fast alle gut, aber sie kommt trotzdem nicht. Wir hätten uns dadurch schon einiges erspart. Ähnliches gilt für die Vermögenssteuern. Gleichzeitig gibt es natürlich auch sinnvolle Einsparungsmöglichkeiten. Das Problem dabei: sie brauchen einige Zeit.

Moneymaker: In der Causa ORF/Pelinka haben es Die Grünen verabsäumt, sich mit den ORF-Mitarbeitern und wesentlichen Teilen der Zivilgesellschaft zu solidarisieren. Wie konnte das passieren?

Karl Öllinger: Ich sehe das nicht so: zum einen haben wir einen Dringlichen Antrag zum Thema gestellt im Nationalrat, der das Ganze auf eine sachliche Ebene gebracht hätte (wurde abgelehnt). Zum anderen haben wir gegen die Entscheidung von Wrabetz auch protestiert.

V995: ich bin schon lange der meinung dass glawischnig nicht die richtige für den pateivorsitz ist warum ist das so schwer dass sich die grünen eingestehen dass sie eine fehlbesetzung ist und in die zweite reihe gehört

Karl Öllinger: Es gibt viele, die nur einen Mann und schon gar nicht eine Frau als Parteivorsitzende(n) haben wollen. Ich hoffe, Sie gehören nicht zu dieser Abteilung. Persönlich, aber auch politisch teile ichg Ihre Meinung jedenfalls nicht! Wenn Sie die Grünen kritisieren, dann liegt es ja wahrscheinlich nicht an einer Person, sondern an unserer Performance oder an bestimmten Inhalten. Ich finde, die Öffentlichkeit in Ö hält sich viel zu viel mit Personality-Fragen auf. Mit Vorliebe wird diskutiert, der oder die und warum und wi lange noch! Mir geht die inhaltliche Debatte bzw. Anforderung auch an uns ab! Ich finde das keinen guten Trend!

princeps legibus solutus: Glauben Sie nicht dass man irgendwann einmal die Strategie im Kampf gegen den Rechtsextremismus ändern sollte? Es ist doch schon seit dem Aufstieg Haiders offensichtlich, dass die Nazikeule und die Demagogie eigentlich genau das Gegenteil bewirkt ha

Karl Öllinger: Die Nazikeule sollte nicht zu Unrecht ausgepackt werden da gebe ich Ihnen recht. Aber wenn jemand Hetze macht oder Nazi-Sprüche von sich gibt, dann sollte man doch klare Worte finden, oder? Auch wenn andere dabei ermüden!

Syme: Sehr geehrter Herr Öllinger, wie oft überraschen sie noch Fragen, die ihnen seitens der Medien gestellt werden? Ist es nicht ständig so, dass gerade einige Themen einen "Boom" haben, die sich dann in Dauerschleife gestellt und beantwortet werden? Wo

Karl Öllinger: Ja, die tiefere Kommunikation würde ich mir auch mehr wünschen. Aber das geht nicht im Rahmen eines Chats

Trollblume: Gehen Sie haute auf den Ball?

Karl Öllinger: Ich geh fast nie auf einen Ball - und heute schon gar nicht!

ModeratorIn: derStandard.at bedankt sich bei Karl Öllinger und den UserInnen für's Chatten. Auf Wiedersehn!

Karl Öllinger: Ich bin ganz schön in den Stress gekommen mit dem Reinklopfen der Antworten, aber es hat auch Spass gemacht - danke für die Fragen!